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Arnulf Baring

Arnulf Baring steht dazu: Er ist ein Unbequemer. Und dennoch sympathisch. (c) privatDer Historiker Sebastian Haffner schrieb über Arnulf Baring (Jahrgang 1932): „Er ist vielleicht das größte Erzähltalent unter heute schreibenden deutschen Historikern; es ist unmöglich, von Baring nicht gefesselt zu sein“ und meinte damit wohl sicher den Sog, den es entfaltet, wenn man liest, wie Arnulf Bering über sein bewegtes Leben spricht. 80 Jahre Zeitgeschichte hat Baring miterlebt, 80 Jahre, an denen er uns in seiner Autobiografie „Der Unbequeme“ teilhaben lässt. Unbequem deshalb, weil er als Chronist der Ära Brandt/Scheel im Rampenlicht stand und hier die eine oder andere unangepasste Meinung äußerte und als Autor und Essayist immer streitbar und oft provokant war. Als Kind erlebte Arnulf Baring den Schrecken des Zweiten Weltkrieges mit, erlebte überhöhte Militärparaden und angstvolle Bombennächte, die ihn für das Leben prägen sollten. Die Parolen dieser Zeit standen im scharfen Kontrast zum politischen Klima der Nachkriegsjahre, die Baring nach seinem Jura-Studium als international geschätzter Hochschullehrer an der Deutschen Hochschule für Politik erlebte. Dort und auch später, als wissenschaftlicher Assistent und Lehrbeauftragter am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin, am Center for International Affairs der Harvard University und am Lehrstuhl für Theorie und vergleichende Geschichte der politischen Herrschaftssysteme, wiederum am Otto-Suhr-Institut, erforschte Arnulf Baring das, was man den Seelenzustand der Deutschen nennen könnte. Das, was Baring in seinem eigenen Lebenslauf erlebt hat, veranlasste ihn zu einer kritischen Betrachtung unserer Gesellschaft – eine Betrachtung, die ihn wiederum zu einem geschätzten Buchautor und Gesprächsgast machte. Viele der von ihm veröffentlichten Artikel über die Geschichte Deutschlands traten Diskussionen los, die unbedingt notwendig waren. So machte Arnulf Baring in seinem Artikel „Bürger auf die Barrikaden“, der 2002 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen ist, das „erstarrte Parteiensystem“ für die Reformschwäche der Bundesrepublik verantwortlich. Gegner Barings versuchten dabei immer wieder, ihn in eine rechtskonservative Ecke zu stecken, was Arnulf Baring jedoch nicht akzeptierte. Aus all dem ergibt sich der Titel, den Baring für seine Autobiographie gewählt hat, die 2013 erschienen ist: „Der Unbequeme“. Ihm lag nie daran, anderen nach dem Mund zu reden, und mit seiner Kritik – beispielsweise an der Kanzlerin, als sie Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ verurteilte, ohne es gelesen zu haben, oder an Karl-Theodor zu Guttenberg, der in seiner Dissertation Plagiate verwendete – hielt er nie hinter dem Berg. Dennoch ist Arnulf Baring ein sehr sympathischer Zeitgenosse, dessen unterhaltsame Weise zu erzählen, ihm nicht nur oben genanntes Kompliment von Sebastian Haffner einbrachte, sondern ihm auch eine treue Lesergemeinschaft verschaffte. Letztere schätzen Barings klaren Blick auf die Lage im Land und seinen Mut, deutlich auszusprechen, was eigentlich offensichtlich ist, aber dennoch totgeschwiegen wird. Schon 1997 sagte Baring in seinem Buch „Scheitert Deutschland?“ beinahe prophetisch die dramatische Entwicklung des Euros bis hin zur Finanzkrise voraus. Unbequeme Wahrheiten sind die Stärke von Arnulf Baring und in seinen Büchern zwingt er uns dazu, uns ihnen zu stellen. Seine Autobiografie liest sich dann wie ein Lebenswerk – keines, das schon abgeschlossen ist, aber eines, das das große Ganze im Blick hat, subsummiert und schonungslos sich selbst treu bleibt.  Darin fordert Arnulf Baring Deutschland dazu auf, die wirklich großen Probleme unserer Zeit (Bevölkerungs-Schwund, Eurokrise, Energiekrise und Verteidigung) anzupacken, endlich damit aufzuhören, die deutsche Identität aus dem Nationalsozialismus abzuleiten, mehr Mut zu politischen Debatten und kontroversen Standpunkten zu haben und damit der Demokratie neues Leben einzuhauchen, und mit Kindern Zukunft zu schaffen. Wer wissen möchte, wie es um den Seelenzustand der Deutschen bestellt ist, und Freude an klugen und streitbaren Thesen und Beobachtungen hat, der wird an Arnulf Barings Büchern Gefallen finden – ohne ihnen in jedem Punkt zustimmen zu müssen. Die Demokratie lebt von der Kontroverse und Baring ist ihr großer Verfechter.

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