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Heinrich Böll

Heinrich Böll (1917 – 1985) gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller der deutschen Nachkriegsliteratur und wurde dafür 1972 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Bölls Erzählungen liefern ein detailliertes und sehr anschauliches Bild des Nachkriegsdeutschlands in all seinen Facetten und gehören deshalb heute an Schulen zur absoluten Pflichtlektüre. Wer verstehen will, wie es in Deutschland nach 1945 zuging, der muss Heinrich Böll lesen – Wort für Wort und auch zwischen den Zeilen. Heinrich Böll wurde 1917 in Köln geboren, in einer Stadt, die er im 1959 erschienenen Text „Über mich selbst“ als Stadt beschrieb, „die Hitler mit Blumentöpfen bewarf, Göring öffentlich verlachte, den blutrünstigen Gecken, der es fertigbrachte, sich innerhalb einer Stunde in drei verschiedenen Uniformen zu präsentieren“. Seine ersten Kindheitserinnerungen sind die Soldaten, die aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrten, Inflation und erneuter Krieg. Er schreibt in diesem autobiographischen Text: „die Reichsmark floß in Strömen; bezahlt wurden die Rechnungen später, von uns, als wir, inzwischen unversehens Männer geworden, das Unheil zu entziffern versuchten und die Formel nicht fanden; die Summe des Leidens war zu groß für die wenigen, die eindeutig als schuldig zu erkennen waren; es blieb ein Rest, der bis heute nicht verteilt ist.“ Böll schreibt auch, er habe schon immer schreiben wollen, habe es schon früh versucht, aber die Worte erst später gefunden. Das war um 1937, als er seine Buchhändlerlehre in Bonn absolvierte. Er brach sie jedoch nach elf Monaten wieder ab und wurde für ein Jahr zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Einen kurzen Sommer lang durfte er in Köln Germanistik und Klassische Philologie studieren, bevor er schließlich zur Wehrmacht eingezogen wurde. In dieser kurzen, glücklichen Zeit entstand der erste Roman von Heinrich Böll: „Am Rande der Kirche“. Im April 1945 geriet Böll in eine fünf-monatige amerikanische Kriegsgefangenschaft. Schon während des Krieges hatte er während eines Fronturlaubs geheiratet und vier Söhne bekommen, von denen der älteste, Christoph, bereits in seinem Geburtsjahr 1945 starb. Nach Kriegsende griff Heinrich Böll seine Leidenschaft, das belletristische Schreiben, wieder auf. „Kreuz ohne Liebe“ war sein erster Nachkriegsroman. In den 1950ern übte Heinrich Böll in dem Roman „Ansichten eines Clowns“ heftige Gesellschaftskritik, prangerte Scheinheiligkeit, Unaufrichtigkeit und Oberflächlichkeit in der Gesellschaft an und spannt dabei einen Bogen vom Zweiten Weltkrieg bis hinein in die 1950er Jahre. Bekannt wurde er jedoch vor allem durch die Kurzgeschichten, die seit 1947 in Zeitschriften erschienen und heute als hervorragende Beispiele der Kriegs-, Trümmer- oder Heimkehrerliteratur betrachtet werden.

Anschaulich und eindrücklich beschreibt Böll darin, wie sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte und veränderte, und legte dabei beharrlich den Finger in Wunden und auf Fehler. 1950 wurden die Kurzgeschichten in einem Sammelband mit dem Titel „Wanderer, kommst du nach Spa...“ veröffentlicht. Der Titel greift dabei einen Zweiteiler aus der Antike auf: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest/ Uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl“. Allgemein wird dies heute als Ehrung des ruhmreichen Todes für das Vaterland in einem Verteidigungskrieg verstanden. Dass Böll aus „Sparta“ aber „Spa“ werden ließ, ist keine Abkürzung, sondern ein Bezug auf die belgische Stadt Spa, in der sich im Ersten Weltkrieg das Deutsche Hauptquartier befand. 1951 trat Heinrich Böll der Gruppe 47 bei, dem berühmtesten Schriftstellertreffen der deutschen Nachkriegszeit. Dieser erste Vortrag brachte ihm einen Autorenvertrag ein – und läutete die wohl produktivste Phase seines Schaffens ein. Unter anderem für die Werke, die in dieser Schaffensperiode entstanden, erhielt er dann 1972 den Literaturnobelpreis. Neben seinen schriftstellerischen Erfolgen war es auch sein linksintellektuelles Engagement, das ihn bekannt machte.

1972 erschien sein Essay „Will Ulrike Gnade oder freies Geleit?“ über den Werdegang von Ulrike Meinhof im SPIEGEL. Daraufhin galt Böll als „geistiger Sympathisant“ des Terrorismus, ein Tatbestand, den er in seiner Erzählung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ (1974) verarbeitete. Als sein Landhaus in der Eifel im Zuge einer Fahndung durchsucht wurde, beauftragte Heinrich Böll einen Mitarbeiter, sensationslüsterne Artikel von Boulevardblättern zu sammeln, in denen Menschen verleumdet wurden. Die Erzählung zeichnet dann nach, wie aus einer unpolitischen, als bescheiden und prüde beschriebenen Frau, durch die Berichterstattung der Presse in die Enge getrieben, eine Mörderin wird. Nicht umsonst trägt „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ den Untertitel „Wie Gewalt entsteht und wohin sie führen kann“. Bis heute ist es Bölls bekanntestes Werk, das einen wichtigen Beitrag zur Gewaltdebatte der 1970er Jahre leistete und auch die Springer-Presse an den Pranger stellte. Doch Böll erhielt für diese Arbeit nicht nur Lob. Kritiker, darunter auch der spätere Bundespräsident Karl Carstens, warfen ihm „Rechtfertigung von terroristischer Gewalt“ vor. In den letzten Jahren seines Lebens wurde Heinrich Böll zunehmend politischer und engagierte sich unter anderem in Südamerika für die Rechte der Frauen, die Demokratie- und Friedensbewegung. In Folge seines starken Tabakkonsums erkrankte Heinrich Böll an einem Gefäßleiden, dessenwegen er sich mehrerer Operationen unterziehen musste. Nach einer solchen Operation starb Heinrich Böll 1985. Sein Tod löste deutschlandweite Betroffenheit aus; die Beerdigung fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt.

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