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Albert Hofmann

Als Albert Hofmann (1906 – 2008) am 16. April 1943 den ersten LSD-Rausch in der Geschichte erlebte, da war ihm sein Platz in den Annalen der Chemie sicher. Eigentlich hatte der Chemiker ein Kreislaufstimulans entwickeln wollen und dafür Lysergsäurediethylamid hergestellt, doch nun befand er sich in einem  Zustand, den Albert Hofmann später in seinem Protokoll zum Selbstversuch so beschrieb: „Ich konnte nur noch mit größter Anstrengung verständlich sprechen und bat meine Laborantin, die über den Selbstversuch orientiert war, mich nach Hause zu begleiten. Schon auf dem Heimweg mit dem Fahrrad nahm mein Zustand bedrohliche Formen an.“ Diese Fahrradfahrt im Rauschzustand gehört heute zu den meist erzählten Geschichten der Chemie und veranlasst die popkulturellen LSD-Anhänger Jahr für Jahr am 16. April zum „Bicycle Day“ zur Feier der von Albert Hofmann entdeckten Droge. Hofmann stammte aus einfachen Verhältnissen und musste bereits früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Als ältestes von vier Kindern absolvierte er eine kaufmännische Lehre, als sein Vater schwer erkrankte und nicht mehr für die Familie sorgen konnte. Zeitgleich absolvierte der Schweizer die Matura, die es ihm erlaubte, sich für ein Studium einzuschreiben. 1925 nahm Albert Hofmann das Studium der Chemie an der Universität Zürich auf. Vier Jahre später promovierte er Summa cum laude. Der Abschluss brachte Hofmann eine Anstellung bei Sandoz in Basel ein, eine Stelle, die er über vier Jahrzehnte hinweg bekleiden sollte. Hier forschte Albert Hofmann Ende der 1930er Jahre zum Mutterkorn, einem alkaloiden Pilz, der Nahrungs- und Futtergetreide befällt und Darmkrämpfe und Halluzinationen auslösen kann. Weitere Vergiftungserscheinungen sind das Absterben von Fingern und Zehen bis hin zu Atemlähmung und Kreislaufversagen. Nicht selten sind die toxischen Effekte des Mutterkorns tödlich. Zugleich kann der Pilz in Maßen verwendet eine positive Wirkung entfalten. So ist bekannt, dass das Mutterkorn eingesetzt werden kann, um Wehen einzuleiten (daher der Name), Blutungen nach der Geburt zu stillen oder um Blutdruck und Schwindel nach dem Aufstehen und Migräne entgegenzuwirken. An eben diesen positiven Effekten forschte Albert Hofmann im Auftrag des Pharmakonzerns Sandoz. Im Rahmen dessen stellte er Lysergsäure her (Lysergsäurediethylamid = LSD) und untersuchte die Wirkung des Stoffes in Tierversuchen. Da die kreislauffördernde Wirkung der Säure ausblieb, unterbrach Hofmann die Forschungen für 5 Jahre, bevor er sie 1943 wieder aufnahm. Er war überzeugt, beim Tierversuch etwas übersehen zu haben und wagte den Selbstversuch. Dafür nahm er an jenem schicksalsträchtigen 16. April 250 Mikrogramm LSD zu sich, davon ausgehend, dass es sich dabei um die kleinste Menge handelte, bei der man noch eine Wirkung hätte erwarten können. Weit gefehlt: 250 Mikrogramm entsprechen dem Drei- bis Fünffache dessen, was heute als übliche Dosis gilt. Kein Wunder also, dass Albert Hofmann daraufhin nicht mehr in der Lage war sich zu artikulieren oder Fahrrad zu fahren. „Alles in meinem Gesichtsfeld schwankte und war verzerrt wie in einem gekrümmten Spiegel. Auch hatte ich das Gefühl, mit dem Fahrrad nicht vom Fleck zu kommen. Indessen sagte mir später meine Assistentin, wir seien sehr schnell gefahren“, schrieb Albert Hofmann später in seinen Memoiren, die 1979 unter dem Titel „LDS – mein Sorgenkind“ erschienen sind. Es folgten Schwindel und Ohnmachtsanfälle. Hofmann erinnerte sich: „Meine Umgebung hatte sich nun in beängstigender Weise verwandelt. […] die vertrauten Gegenstände nahmen groteske, meist bedrohliche Formen an. Sie waren in dauernder Bewegung, wie belebt, wie von innerer Unruhe erfüllt.“ Des Weiteren beschrieb Albert Hofmann im Protokoll seines Selbstversuchs, was Drogensüchtige heute noch an LSD bewundern: „Besonders merkwürdig war, wie alle akustischen Wahrnehmungen, etwa das Geräusch einer Türklinke oder eines vorbeifahrenden Autos, sich in optische Empfindungen verwandelten. Jeder Laut erzeugte ein in Form und Farbe entsprechendes, lebendig wechselndes Bild.“ Basierend auf seinen eigenen Erfahrungen setzte sich Hofmann zeitlebens dafür ein, dass psychedelische Substanzen wie das LSD zu Forschungszwecken legalisiert werden. Er war fest davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die richtige Anwendung von LSD zu therapeutischen Zwecken zum Alltag gehöre. Von einem Massenkonsum, wie ihn Timothy Leary in den 60er Jahren in den USA propagierte, hielt Albert Hofmann hingegen nichts. Stets rief er zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Droge auf, die für ihn Sorgenkind und Wunder zugleich war. LSD sei keine Genussdroge und dürfe nur mit besonderer Vorsicht eingenommen werden. Auch deshalb, weil man im Rausch nicht einfach nur das „bekannte Bild, ein bisschen verzerrter oder bunter“ sehe, sondern „ein völlig anderes Programm.“ LSD verändere die Sinne, sagte Albert Hofmann gegenüber der TAZ: „Man sieht besser, man hört besser, alles wird intensiviert.“ Schnell geriet Hofmann ins Schwärmen: „Der Mechanismus des LSD ist ganz einfach: die Tore der Wahrnehmung werden geöffnet und wir sehen plötzlich mehr - von der Wahrheit.“ Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen pflasterten den Lebensweg von Albert Hofmann, dem Erfinder des LSDs. Als Hofmann 2008 an den Folgen eines Herzinfarkts starb, war er 102 Jahre alt.

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