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Comics für Erwachsene

 

Hört man sich so an, wie wir dem Erzählmedium Comic heute gegenüberstehen, meint man fast, man höre unseren literarischen Oberheiligen sprechen. Denn die subtile Kritik, die Johann Wolfgang Goethe 1831 über Rodolphe Töpffers Bildergeschichten ausschüttete, scheint heute so aktuell wie vor 200 Jahren: „Wenn er künftig einen weniger frivolen Gegenstand wählte und sich noch ein bißchen mehr zusammennähme, so würde er Dinge machen, die über alle Begriffe wären.“


Der Comic-Schaffende als unbekümmerter Straßenkünstler mit seinen nutzlos-bunten Kritzeleien, die in ihrer Unreife eigentlich nur an Kinder zu verkaufen sind – das ist das Image, welches das Medium weg hatte. Ein Ruf, der über große Teile des letzten Jahrhunderts, nun ja, vielleicht nicht ganz unbegründet war. Eine so intuitive Verbindung der Künste, des geschriebenen Wortes und des gemalten Bildes, lässt sich jedoch nicht unterkriegen, nicht abtun und nicht totschreien. Das Medium Comic rückt heute unaufhaltsam ins Feuilleton, wo gestandene Literaturkritiker mit Begriffen wie der „Graphic Novel“ rethorisch mühsam in unangebrachter Distanz um eine längst massentauglich gewordene Kunstform herumtänzeln. Dass die konsequente Verbindung von Bild und Text nicht nur für Kinder geeignet ist, ist insbesondere deutschen Verlagen schwer beizubringen. Kaum einen Verlag gibt es, der Belletristik und Comics publiziert; stattdessen haben wir eine ganze Reihe von aufspringenden und wieder einknickenden Verlagen, die sich auf Comics spezialisieren. Dem Umfragetief zum Trotz jedoch hieven sich die Comics indes von der Schund- zur Hochliteratur, nicht zuletzt aufgrund der quicklebendigen Comic-Kultur in Japan, in den USA und im franko-belgischen Raum.

 

 

Den Einstieg in die Kunstform schaffen

 

Das Interesse am Medium Comic hierzulande ist gewaltig. Man fremdelt nur mit dem Image, und das nicht zu knapp. Es hat natürlich keinen besonderen Sinn, vor den gezeichneten angeblichen „Kindergeschichten“ zurückzuschrecken, wenn die (unter Umständen reich illustrierten) Harry-Potter-Hardcover im eigenen Bücherregal bereits sichtbare Gebrauchsspuren aufweisen. Oder Superheldengeschichten als uninteressant abzutun, aber in jeden neuen Marvel-Kinofilm zu gehen. Dennoch ist der erste Comic-Griff in der Buchhandlung für die weitere Beziehung zum Erzählmedium prägend. Wir stellen also im Folgenden Werke vor, die aus der Masse der Publikationen herausragen – sei es durch erzählerische Brillanz, durch zeitlos grandiose Bilder oder durch ein Vorstoßen in einen Raum, der nur mit dieser besonderen Form des Erzählens überhaupt erreicht werden kann.

 

Der Fluch des Dagewesenen:
Comic-Biographie, Comic-Sachbuch und Literatur im Comic

 

Nichts vermittelt Wissen so schnell wie Bilder. Es überrascht nicht, dass der erste Zug ins Land der Erwachsenenbücher für den Comic vollgepackt war mit bekannten Geschichten, bekannten Persönlichkeiten und wichtigen wissenschaftlichen Fakten. Vielbeachtet hat z. B. das Goethe-Institut eine Comic-Biographie von Goethe publiziert, deren zweiter Teil sozusagen als Urknall des deutschen Ausnahmekünstlers Benjamin von Eckartsberg gelten dürfte (auf den extrem aufwändige Comic-Umsetzungen von Wolfgang Hohlbeins „Unsterblichen“-Chronik sowie das eigene Projekt „Gung Ho“ folgten).

 

 

 

Comic und Selbstreflektion: Das Ich in der Graphic Novel


Wenn die eigene Geschichte – oder zumindest die eigene Familiengeschichte – so aufwühlend-intensiv ist, dass sie in Text und Bild umgesetzt werden muss, können faszinierende und zeitlose Werke entstehen. So etwa im Pulitzer-prämierten Band „Maus“ des experimentellen Comic-Künstlers Art Spiegelman, der die Erlebnisse seines Großvaters im von den Nazis besetzten Polen schildert – und dabei auf sehr persönliche Weise auch seine eigene Beziehung zu seinem Großvater in den Fokus rückt. Ebenfalls bedrückend ist der Comic „Blankets“ des detailversessenen Künstlers Craig Thompson: Auf fast 600 Seiten erzählt er von seiner Jugend im provinziellen Wisconsin, seinem erstickend fundamentalistisch-christlichen Umfeld und von seiner ersten, zum Scheitern verurteilten Liebe. Der zweibändige Comic „Persepolis“ von Marjane Satrapi schildert das Aufwachsen der Autorin im Iran, den Kulturschock bei der Flucht nach Österreich und letztlich die Entfremdung von ihren früheren Freundinnen bei ihrer Rückkehr. Und Ausnahmekünstler Shaun Tan verarbeitet in "Ein neues Land" unter Anderem die Erfahrungen seines Vaters, der nach Australien auswanderte – in unglaublichen Bleistifzeichnungen und ganz ohne Worte.

 

 

 

Doch noch die Kurve ins Superheldengenre kriegen?


Etwas lauter, etwas bunter, aber eben auch mit deutlich mehr Tiefgang, als Sie erwarten würden: Auch wenn Sie mit dem Superhelden-Genre im Herzen der Comic-Kultur fremdeln, könnten die folgenden Serien und Einzelwerke für Sie interessant sein. Die mit dem prestigeträchtigen Eisner-Award ausgezeichnete Science-Fiction-Serie „Saga“ etwa zeigt vielschichtige, verletzliche Helden; mit „Fables“ geraten Märchenfiguren in unsere moderne Zeit. „Watchmen“ von Alan Moore zählt zu den meistverkauften Serien unserer Zeit.

 

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