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Die Lebenshilfe aus dem Buchladen

 

Lebenshilfe viele HändeEs gibt Momente im Leben, da kommen wir an unsere Grenzen. Wir suchen nach Halt, versuchen, uns festzuhalten, brauchen Rat und ein Sicherheitsnetz, das uns auffängt, bevor wir in das Loch stürzen, das sich unter uns aufzutun scheint. Ratgeber für Lebenshilfe gibt es nicht nur deshalb so viele, weil sie sich so wunderbar verkaufen, sondern auch, weil immer weniger Menschen wissen, wohin sie mit ihren Sorgen, Ängsten und mit ihrem Kummer sollen. Wir müssen funktionieren – Tag ein, Tag aus. Das Leben verlangt von uns, stark zu sein, alles im Griff zu haben, uns anzupassen, flexibel zu sein und niemals zu zerbrechen. Dass sich viele von uns dabei fühlen, als würden sie in einem wild schäumenden Fluss hin- und hergeworfen werden, scheint niemanden zu kümmern. Es gibt keinen Platz – und vor allem keine Zeit – für Schwäche. Der Schwache bleibt auf der Strecke. Er sieht seine Felle davon schwimmen, spürt, wie er den Halt verliert und wie sich die Welt von ihm abzuwenden scheint.

 

Der Rettungsanker aus dem Buchladen: Lebenshilfe-Bücher

 

Ratgeber für Lebenshilfe sind auch dann noch da, wenn sich der letzte Freund schon abgewendet hat. Früher hatten die Menschen ein soziales Netz, das sie aufgefangen hat. Sie waren geborgen im Schoß der Familie. Wo eine helfende Hand gebraucht wurde, da war sie zur Stelle. Man hing voneinander ab, sorgte für einander, stand sich bei und unterstützte sich. In einer Zeit, in der jeder genauso gut auch allein zu überleben können glaubt, ist sich jeder selbst am nächsten. Wir sind eine Spaßgesellschaft geworden, in der wir das Leid eines anderen Menschen nur noch bis zu einem gewissen Grad mittragen können, bevor wir uns im Selbstschutz abwenden. In Zeiten wie diesen greift der Zurückgelassene Mensch zu Lebenshilfe-Büchern. So mancher Mensch fühlt sich dann zum ersten Mal verstanden. Er liest darin und fühlt sich, als würde er in einen Spiegel blicken. Was diese Bücher zur Lebenshilfe zu Bestsellern macht, ist dass sie genau erfassen, was den Leser in jenem Moment quält. Manchmal machen sie ihm überhaupt erst bewusst, dass es keine unbestimmte Angst ist, kein unbestimmter Schmerz. Sie führen ihn zur Ursache und lindern zugleich das Leiden.

 

 

Lebenshilfe-Bücher haben die unterschiedlichsten Gesichter. Sie können der  gegenseitiges Hilfe Betroffener dienen, oder von Experten für Ratsuchende geschrieben sein. Wenn Betroffene für Betroffene schreiben, dann übernimmt das Buch ein bisschen die Funktion einer Selbsthilfe-Gruppe. Dort treffen Menschen aufeinander, die das Gleiche durchgemacht haben, die das Gleiche empfinden, die einander verstehen können. Es gibt Dinge, für die kann man kein Verständnis aufbringen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Der Verlust eines Kindes gehört dazu und auch wer Opfer von Gewalttaten geworden ist, wird sich niemals wirklich von jemandem verstanden fühlen, der das nicht durchgemacht hat. Das darüber reden, sich austauschen – und sei es mit vollkommen fremden Menschen – ist für die Betroffenen eine unheimliche Erleichterung. Wie gehst du damit um? Wie ist es dir ergangen? Wie hast du es überwunden? Auf solche Fragen gibt es endlich eine Antwort. Und über allem steht das wunderbare Gefühl: Ich bin nicht allein mit meinem Schmerz, mit meiner Angst, mit meinem Leid. Denn bei aller Unabhängigkeit heute ist der Mensch ein Herdentier. Er will sich in einer Gruppe verstanden wissen. Hier findet er Hilfe, die ihm kein Psychiater und unbeteiligter Dritter geben kann.

 

Wie die Lebenshilfe in Buchform funktionieren kann

 

Brücke aus LebenshilfeAuch Bücher über Lebenshilfe funktionieren so. Zwar fehlt hier der unmittelbare persönliche Kontakt mit anderen Betroffenen, doch zwischen Autor und Leser entsteht wiederum ein Vertrauensverhältnis, wie es zwischen den Mitgliedern von Selbsthilfegruppen vorherrscht. Zwar funktioniert dieser Austausch nur in die eine Richtung, doch der Leser zieht aus den Büchern einen unheimlichen Gewinn. Jeder, der einmal in einer Lebenskrise eine Internetsuchmaschine um Rat gefragt und dann in einem Forum eine Antwort gefunden hat, die zwar schon viele Jahre alt ist, das Problem aber auf den Kopf trifft, kann das nachempfinden. Es ist ein menschliches Bedürfnis, zu wissen, dass man nicht alleine mit seinem Problem dasteht. Und selbst wenn die Person, die Gleiches durchlitten hat, nicht persönlich da ist, um die helfende Hand zu reichen, so vermittelt das Buch doch deutlich: Andere haben vor mir diesen Pfad beschritten. Es ist kein komplettes Neuland. Am anderen Ende – wie auch immer dieses aussehen mag – warten Menschen. In Krisensituationen gibt es keinen größeren Halt.

 

Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen dazu berufen fühlen, Bücher für Lebenshilfe zu schreiben. Menschen, die an seltenen Krankheiten leiden, die Schreckliches erlebt haben und mit Traumata leben müssen, die Verluste erlitten haben, die Krisen überwunden und ein neues Leben begonnen haben. Auch für sie ist das Schreiben eine Art Therapie, eine Selbsthilfe, die Kraft aus sich selbst schöpft. Und auch Menschen, die niemals selbst solche Krisen zu bewältigen hatten, deren Angehörige betroffen waren, die als Ärzte oder Psychologen ihre Patienten begleitet haben, die Coachings und Schulungen geben, schreiben Bücher zur Lebenshilfe. Wie man die Erkenntnis erlangt, mit der man anderen Menschen aus ihrer Krise helfen und ihnen in ihrem Leben eine neue Richtung weisen kann, ist letztendlich egal.

 

Wichtig ist, dass das Buch denen hilft, die es lesen, dass sie etwas daraus mitnehmen. Vielleicht wissen sie dann, dass am Ende dieses langen Tals ein Lichtschimmer wartet. Vielleicht wissen sie dann, dass es Hoffnung und vielleicht sogar Heilung gibt. Vielleicht hilft ihnen das Buch auch, Dinge zu akzeptieren und sich auf Einschnitte vorzubereiten. Vielleicht finden sie aber auch einfach neue Motivation und Stärke und gehen mit frischer Inspiration ein neues Leben an. Die Lebenshilfe aus dem Buchladen – ja, sie ist eine Modeerscheinung, und ja, es wird viel Geld mit den Unsicherheiten und Ängsten der Menschen gemacht, aber sie ist auch ein Produkt unserer Zeit. Sie ist ein Aufschrei gegen die Anonymisierung, gegen das Wegsehen und gegen das Im-Stich-Lassen.

 

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