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Was Brasilien Bücherfreunden zu bieten hat

 

Zurzeit kommt man an Brasilien einfach nicht vorbei: Als Gastland der Frankfurter Buchmesse 2013, Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Sommerspiele 2016 war und ist es in aller Munde. Ein Grund, sich das fünftgrößte Land der Erde und das bevölkerungsreichste Land Südamerikas einmal genauer anzuschauen. Natürlich soll es uns bei diesem Abstecher vor allem um Literatur aus Brasilien gehen. Die ist noch verhältnismäßig jung. Obwohl Brasilien bereits seit mindestens 14.000 Jahren besiedelt ist und die ältesten Funde aus dem Jahr 11.700 v.Chr. datieren, beginnt die Geschichte der brasilianischen Literatur erst im 15. Jahrhundert. Der erste anerkannte Schriftsteller Brasiliens war gar kein Brasilianer – sondern Portugiese: Pêro Vaz de Caminha war sein Name. Als Schreiber des Seefahrers Pedro Alvares Cabral, der als Entdecker Brasiliens gilt, lieferte er die ersten Texte in portugiesischer Sprache, die sich mit der Schönheit und den Wundern des Landes beschäftigten. Seine Briefe an den portugiesischen König, Dom Manuel, gelten bis heute als die wichtigsten Zeitdokumente der Entdeckung Brasiliens. 29 Seiten umfasst das in Tagebuchform verfasste Papier, das noch heute im Arquivo Nacional da Torre do Tombo in Lissabon ausgestellt wird. Die Literatur Brasiliens begann also nicht mit Gedichten oder gar Prosa-Texten, sondern mit Beschreibungen. Dieser Trend setzte sich auch in den kommenden 200 Jahren fort.

 

Die Anfänge der portugiesischen Literatur in Brasilien

 

 

Offiziell gilt der spanische Missionar José de Anchieta, der zwischen 1534 und 1597 lebte, als Urvater der brasilianischen Literatur. Er kam in das Land, weil es hieß, hier würde sein Rückenleiden gelindert werden, das ihn in Folge seines strengen, asketischen Lebens quälte. Er blieb und ging als „Apostel Brasiliens" in die Geschichte ein, verbreitete hier den christlichen Glauben, beschäftigte sich mit der Tupí-Sprache vor Ort und schrieb auf Portugiesisch über diese fremde und neue Welt. Seine Beschreibungen Brasiliens und seine Gedichte, die hier entstanden, sind die Anfänge der offiziellen Literatur Brasiliens. Ganz in seiner Tradition war es dann ein weiterer Jesuiten-Priester, der die brasilianische Literatur nachhaltig prägte: Antônio Vieira. Auch er kam als Missionar in das lateinamerikanische Land, betätigte sich als Prediger aber auch als Kritiker kolonialer Missstände. Bis heute gelten seine „Sermões“ unangefochten als Meisterwerke der barocken Prosa und werden als Höhepunkte der portugiesischsprachigen Literatur gefeiert – und das, obwohl sie bis heute nicht vollständig veröffentlicht worden sind. Antônio Vieira tat sich unter anderem dadurch hervor, dass er öffentlich die Sklaverei anprangerte und eine nach heutigem Verständnis sehr moderne Kritik an den sozialen Missständen seiner Zeit übte.

 

Erst im späten 17. Jahrhundert konnte ein Literat Bedeutung erlangen, der auch selbst in Brasilien geboren war: Gregório de Matos Guerra. Auch er war ein Gesellschaftskritiker und erlangte mit seinen Satiren Ansehen in seiner Heimat. Ihm folgten bedeutende brasilianische Autoren nach, darunter José Basílio da Gama und Tomás Antônio Gonzaga. Ihre Werke „O Uraguai“ (1769) und „Marília de Dirceu“ (1792) bewiesen, dass sich die Literatur Brasiliens nicht vor der Welt verstecken mussten und brachten den revolutionären Gedanken aus Frankreich nach Südamerika. Als Brasilien dann 1822 die Unabhängigkeit von Portugal errang, war das auch für die brasilianische Literatur ein wichtiger Schritt und Wendepunkt. Stolz und patriotisch zeigt sich die Literatur jener Zeit, gleichzusetzen etwa mit der deutschen Romantik. Bedeutende Autoren dieser Zeit waren Domingos José Gonçalves de Magalhães, Manuel de Araújo Porto-Alegre, Antônio Gonçalves Dias und Antônio de Castro Alves. Wiederkehrende Motive waren die Glorifizierung der indigenen Einwohner Brasiliens und der Kampf für die Abschaffung der Sklaverei. Vor allem Alves trug sehr zur Schaffung eines brasilianischen Bewusstseins in der Literatur seines Landes bei.

 

Wie die Literatur endlich in Brasilien heimisch wurde

 

Mitte des 19. Jahrhunderts dann wurde die Romantik vom Realismus eingeholt, eine literarische Entwicklung, die sich zu dieser Zeit in vielen Teilen der Welt vollzog und die den dramatischen Umwälzungen der Industriellen Revolution geschuldet war. Was die Romantik verklärte, brachte der Realismus ungeschönt auf den Tisch. Hier wären vor allem Manuel Antônio de Almeida und Alfredo d'Escragnolle Taunay zu nennen, die dem Realismus in Brasilien Vorschub leisteten. Doch sie alle wurden von einem Autor übertroffen, der bis heute unangefochten als der bedeutendste Schriftsteller Brasiliens gilt: Joaquim Maria Machado de Assis. Seine Romane und Kurzgeschichten bestechen vor allem durch ihre psychologische Tiefe und ihren puristischen Stil, wohl etwa vergleichbar mit den Werken Gerhard Hauptmanns, der zur gleichen Zeit in Deutschland großen Einfluss errang. Machado de Assis hat wie kein anderer die Literatur Brasiliens im 19. und 20. Jahrhundert geprägt und vertrat die Ansicht, dass man ein interessantes Buch schrieb, indem man Dinge ausließ und so die Imaginationskraft des Lesers forderte. Die Rechnung ging auf. Zugleich bedeutete dies aber, dass de Assis keine autobiografischen Einflüsse in seine Werke gelangen ließ, sodass die wichtigste Figur der Literatur Brasiliens bis heute von einer Aura des Geheimnisvollen umgeben ist.

 

Sein Erbe trat eine ganze Reihe bedeutender Schriftsteller an, die Brasilien zu literarischem Weltruhm verhalfen. Zu ihnen zählen Érico Veríssimo, Carlos Drummond de Andrade, Mário de Andrade, Darcy Ribeiro, Jorge Amado, João Guimarães Rosa, Manuel Bandeira, Rubem Fonseca und natürlich der Bestseller-Autor Paulo Coelho, der heute zu den berühmtesten Schriftstellern Brasiliens zählt. Welche Bedeutung die schreibende Kunst für das lateinamerikanische Land hat, erkennt man nicht nur daran, dass Brasilien nun zum zweiten Mal Gastland der Frankfurter Buchmesse ist (diese Ehre wurde sonst nur noch Indien zuteil), sondern auch daran, dass es in Brasilien rund 15 eigene Buchmessen, zahlreiche renommierte Literaturpreise und das bedeutende Literaturfestival Festa Literária Internacional de Paraty gibt. Ein weiterer Beweis für die Bedeutung der Literatur für das Land ist die Existenz der Academia Brasileira de Letras (ABL), der Brasilianischen Akademie der Literatur, die sich die Pflege der brasilianischen Sprache und Literatur auf die Fahnen geschrieben hat. Man kann also getrost davon ausgehen, dass die Frankfurter Buchmesse eine gute Wahl getroffen hat, als sie sich für Brasilien als das Gastland 2013 entschied. Besucher durften spannende Autoren, wie Marina Colasanti, João Paulo Cuenca, Andréa del Fuego, Milton Hatoum, Michel Laub, Roger Mello, Alberto Mussa, Luiz Ruffato und Cristovão Tezza erleben - und auch Paulo Coelho, der 2013 mit dem Buch „Die Schriften von Accra“ für Aufsehen sorgte, wird natürlich vertreten sein.

 

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