William Faulkner
William Faulkner (1897 – 1962) war einer der ganz großen Romanciers des 20. Jahrhunderts und einer der bedeutendsten Schriftsteller, die die USA in den vergangenen Jahrhunderten hervorgebracht hat. Die Art, wie Faulkner in „Schall und Wahn“, dem Buch, das er selbst das liebste unter seinen Werken bezeichnete, den Niedergang des alten amerikanischen Südens beschrieb, veranlasste den deutschen Nachkriegsschriftsteller Siegfried Lenz dazu, zu schreiben: „Es hat mitunter den Anschein, als ob der Süden Faulkner hervorbrachte, um sich selbst zu begreifen. Ein selbstbewusster Rivale Gottes, dem nichts verborgen blieb.“ Was die literarische Nachwelt bis heute an William Faulkner schätzt, ist die genaue Beobachtungsgabe, mit der er die Abgründe und Untiefen des menschlichen Charakters auslotet.
In seinem Gesamtwerk öffnet er uns ein Fenster in die Vergangenheit und lässt uns mit eigenen Augen sehen, wie der einst goldene Süden nach dem Bürgerkrieg skrupellosen Aufsteigern zum Opfer fiel. Alteingesessene Südstaatenfamilien brechen vor unseren Augen auseinander und gehen zugrunde; die Rassendiskriminierung und die Unterschiede zwischen den schwarzen und den weißen Bewohnern des Südens sind nur selten so anschaulich beschrieben worden. 1950 erhielt Faulkner dafür rückwirkend den Literaturnobelpreis für das Jahr 1949. William Faulkner entstammt selbst einer solch alteingesessenen Familie des US-amerikanischen Südens, wie er sie in seinen Büchern oft beschreibt. Sein Urgroßvater war Colonel in der Armee der Konföderierten, gründete eine Eisenbahnlinie und den kleinen Ort Falkner im Tippah County. Immer wieder begegnet er uns in den Texten Faulkners als Colonel John Sartoris wieder. Auch sein Großvater, der Jurist, Politiker, Geschäftsmann und Bankier John Wesley Thompson Falkner gehörte zur einflussreichen Oberschicht im Süden. Sein Vater war weniger mit Glück gesegnet und setzte mehrere Unternehmungen in den Sand.
Durch seine eigene Mutter zum Lesen ermutigt, machte sich William Faulkner schon früh mit den Werken von William Shakespeare und Honoré de Balzac vertraut, zeichnete und schrieb selbst. Eine Anstellung in der Bank seines Großvaters verschaffte ihm Sicherheit. Obwohl er sich freiwillig zum Militär meldete, wurde er im Ersten Weltkrieg nicht eingesetzt und schrieb sich schließlich an der University of Mississippi in Oxford ein. In der dortigen Universitätszeitungen machte William Faulkner einige frühe Veröffentlichungen: Zeichnungen, Gedichte und Prosa. Sein erster Gedichtband „Der Marmorfaun“ erschien 1924, gefolgt von seinem ersten Roman „Soldatenlohn“. Erstmals wählte er hier seine ländliche Heimat im Süden zum Schauplatz. Es folgten einige Künstlerporträts, die im Gesamtwerk Faulkners weniger Beachtung fanden, doch 1928 erreichte William Faulkner mit „Schall und Wahn“ seinen literarischen Zenit. Nach eigener Aussage Faulkners war das Buch durch James Joyce inspiriert und ist sein liebstes Werk. Es folgten das Skandalbuch „Die Freistatt“ und „Licht im August“ sowie mehrere Drehbücher, die William Faulkner im Auftrag Metro-Goldwyn-Mayer schrieb.
Als er 1950 den Literaturnobelpreis für das Jahr 1949 zuerkannt bekam, da sagte er ausdrücklich, er gelte nicht ihm als Person, sondern seinem Werk, solchen Büchern, wie „Absalom, Absalom!“, „Die Unbesiegten“, „Wilde Palmen – Der Strom“, „Das Dorf“, „Die Stadt“ und „Das Haus“. In seiner Dankesrede sagte er, der den Preis zunächst wegen seiner Öffentlichkeitswirksamkeit nicht hatte entgegennehmen wollen: „Ich lehne es ab, an das Ende der Menschheit zu glauben ... Die Menschheit wird nicht nur Bestand haben, sondern siegen ...“ Das steht in einigem Gegensatz zu dem häufig sehr düsteren Bild, das William Faulkner in seinen Werken zeichnet. Einen Teil seines Preisgeldes steckte er in die Stiftung, die bis heute den renommierten Literaturpreis PEN/Faulkner Award for Fiction vergibt. Nachdem das Eis gebrochen war, ging Faulkner nicht nur stärker an die Öffentlichkeit, er brachte auch moralische Botschaften in seinen Büchern unter. „Requiem für eine Nonne“ beispielsweise beschäftigt sich ausgiebig mit der Sittlichkeit des Menschen. Am 17. Juni 1962 stürzte William Faulkner bei einem Reitausflug und zog sich eine Thrombose zu, die am folgenden Tag einen Herzinfarkt auslöste. In dessen Folge verstarb der große amerikanische Romanicer am 18. Juni des Jahres. Er hinterließ der Welt ein komplexes Gesamtwerk und das eine oder andere Werk, das in den Kanon der Weltliteratur gehört. William Faulkner ist in einer Reihe mit James Joyce, Marcel Proust und Virginia Woolf zu nennen, die ihn inspirierten und deren anspruchsvolle Erzähltechniken das Werk Faulkners nachhaltig beeinflussten.
Wir empfehlen Ihnen folgende Bücher von William Faulkner:
- Als ich im Sterben lag
- Eine Rose für Emily und andere Meistererzählungen
- Griff in den Staub
- Licht im August
- Schall und Wahn
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