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Thomas Glavinic

Thomas Glavinic gehört zu den kraftvollsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur. (c) Ingo PertramerThomas Glavinic (Jahrgang 1972) ist ein österreichischer Schriftsteller, der gern mit der Realität spielt und sie bizarr und zuweilen angsteinflößend verzerrt. Bei Glavinic ist man immer ein bisschen auf der Hut, heißt es doch, er habe seinen eigenen Wikipedia-Eintrag geschrieben und dabei ein falsches Geburtsdatum angegeben. In seinem Roman „Das bin doch ich“ lässt Glavinic seinen Ich-Erzähler – ebenfalls Thomas Glavinic – dieses Geständnis machen und darauf hinweisen, dass alle Journalisten, die ihn zu seinem Bestseller „Die Arbeit der Nacht“ befragt hätten, diesen Wikipedia-Eintrag dabei gehabt hätten. Ob er sich auch hier einen Scherz mit dem Scherz erlaubte, ist nicht ganz klar, doch eines ist sicher: Mit Fakten ist bei Thomas Glavinic Vorsicht geboten. In seinen Büchern jedoch kommt ihm seine Phantasie zu Gute. Nur ein Beispiel dafür: Sein Roman „Die Arbeit der Nacht“ erzeugt ein beklemmendes Endzeitszenario, in dem der Held in einer menschenleeren Welt erwacht. Es mag aber auch einfach nur eine geschickte Vermarktungsstrategie sein, mit der Thomas Glavinic Aufmerksamkeit auf sich und seine Bücher lenkt. Als ehemaliger Werbetexter scheint er dafür ein Gefühl zu haben. Seinen Debüt-Roman hat der aus Graz stammende Autor 1998 veröffentlicht, nachdem er bereits sieben Jahre Texte aller Genres geschrieben hatte. „Carl Haffners Liebe zum Unentschieden“ blieb jedoch vom Publikum weitgehend unbeachtet – obwohl der Autor mehrfach dafür ausgezeichnet wurde. Im Roman thematisiert Glavinic den Kampf um die Schachweltmeisterschaft zwischen Emanuel Lasker und dem fiktiven Carl Haffner. Dabei kam Thomas Glavinic sehr zu Gute, dass er selbst seit seinem 5. Lebensjahr Schach spielte. Im Jahr 2000 konnte er dann mit seinem Roman „Herr Susi“ endlich ein breiteres Publikum erreichen. Die gnadenlose Abrechnung mit dem Fußball-Vermarktungsgeschäft wurde jedoch nicht einheitlich positiv aufgenommen und erntete viel Kritik. Schon ein Jahr später jedoch überschlugen sich die Medien – die er mit genau diesem Roman kritisierte - geradezu mit Lob für seinen Roman „Der Kameramörder“, der inzwischen auch verfilmt worden ist. Sein größter Erfolg war der satirische Entwicklungsroman „Wie man leben soll“, dessen durchgehende Man-Perspektive für Aufsehen sorgte. Auch „Die Arbeit der Nacht“ sorgte dafür, dass das Interesse für Thomas Glavinic nicht verloren ging. 2007 erschien dann sein Roman „Das bin doch ich“, ein Buch, in dem es viele Parallelen zwischen der Realität des Buches und der tatsächlichen Realität gibt. Der Protagonist und Ich-Erzähler, ebenfalls Thomas Glavinic, äußert darin zum Beispiel, er hoffe, sein Buch „Die Arbeit der Nacht“ würde für den Deutschen Buchpreis nominiert werden. Eben jenes geschah dann für „Das bin doch ich“. Obwohl sogar auf der Shortlist platziert, ging Thomas Glavinic am Ende leer aus. 2013 schaffte es sein Roman „Das größere Wunder“ wiederum auf die Longlist des Deutschen Buchpreises, gelangte aber wieder nicht unter die sechs Finalisten. Dabei ist das Buch, in dem sich Jonas (aus „Die Arbeit der Nacht“) wiederum in eine lebensfeindliche Grenzregion (auf den Gipfel des Mount Everest) begibt, ein originelles Gedankenexperiment mit viel Tiefgang. Die Nominierung für die Shortlist wäre ihm definitiv zu wünschen gewesen. Was den Reiz seiner eigenen Bücher ausmacht, scheint Glavinic selbst nicht so ganz zu wissen. In einem Artikel für die Literaturzeitschrift AKZENTE schreibt er: „Wenn ich sage, ich habe keine Ahnung, warum ich dieses oder jenes schreibe, aber ich glaube zu wissen, dass es so sein muss, so klingt dieser Satz vermutlich zum Erbarmen. Aber er ist die Wahrheit, und mit der muss ich leben, denn Wahrheit, nein, Ehrlichkeit ist die Grundtugend des Erzählers, Ehrlichkeit dem Stoff und sich selbst gegenüber.“ Lediglich seine Triebfeder versteht der Autor, wie er im Interview mit Klaus Nüchtern, das man auf seiner Website nachlesen kann, zugab: „die obsessive Angst“. „Die Arbeit der Nacht“ habe ihn dabei besonders mitgenommen: „Nach dem Schreiben habe ich eine Zeitlang täglich ein paar Gläser Wein getrunken – was ich sonst nie mache. Es war wirklich nicht immer angenehm, mich all diesen Ängsten zu stellen. Da habe ich wieder einmal gemerkt, was für eine wunderbare Frau ich habe. Eine andere hätte gesagt: »Bist du verrückt geworden, dich um vier Uhr Nachmittag zu betrinken?!« Sie hat das verstanden.“ In den letzten Jahren hat Thomas Glavinic außerdem veröffentlicht: „Das Leben der Wünsche“ (2009), „Lisa“ (2011) und „Unterwegs im Namen des Herrn“ (2011).

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