Erich Hackl
Der österreichische Schriftsteller Erich Hackl (Jahrgang 1954) thematisiert in seinen Geschichten bewegende Schicksale aus dem Nationalsozialismus und Holocaust, die immer authentisch und zugleich immer exemplarisch sind. Er gilt als der „große Chronist der deutschsprachigen Literatur – und ihr großer Empathiker“ (Spiegel). Mit seinen Werken der Gegenwartsliteratur schreibt Erich Hackl gegen das Vergessen an. Die wahren Geschichten, die unter seinen Händen zu Literatur werden, gehen unter die Haut und können den Leser nicht kalt lassen. Es sind „Denkmäler für politisch Verachtete, Verstoßene, Verfolgte“ (Spiegel). Hackls Werke handeln nicht nur von ihnen, sie wurden ihnen zum Gedenken geschaffen, aus Liebe, aus Mitgefühl, aus Respekt. Einige von ihnen – allen voran „Auroras Anlass“, "Familie Salzmann: Erzählung aus unserer Mitte" und „Abschied von Sidonie“ (die Lebensgeschichte eines im KZ ermordeten Roma-Mädchens) – gehören deshalb in vielen Schulen schon lange zur Pflichtlektüre.
Erich Hackl hat in Salzburg Germanistik und Hispanistik studiert und arbeitete einige Jahre als Lehrer und Lektor, bevor er sich hauptberuflich dem Schreiben widmete. Heute sind seine Geschichten, wie ein Rezensent auf Amazon vermerkt, Lichtblicke „in der verödeten geistigen Landschaft“. Die Rezension bezieht sich auf den Band „Drei tränenlose Geschichten“, der einmal mehr drei jüdische Schicksale zur Zeit des Nationalsozialismus aufgreift. Zwei davon, „Der Fotograf von Auschwitz“ und „Die Hochzeit von Auschwitz“ waren vorab bereits in österreichischen Zeitungen abgedruckt worden und hatten eine große Resonanz hervorgerufen. Die erste Erzählung verfolgt die Geschichte eines Mannes, der lieber Pole war als ein arischer Deutscher. Dafür sperrte man ihn in Auschwitz ins Konzentrationslager. Dass er überlebte, ist einzig seiner Fotokunst zu verdanken. Eines seiner Bilder wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum Sinnbild des Grauens in Auschwitz und trug maßgeblich dazu bei, die Öffentlichkeit überhaupt über die Ereignisse zu informieren. In der zweiten Geschichte erzählt Erich Hackl von Gisela Tschofenig, die in Auschwitz ihre Hochzeit feierte. Neu hinzugekommen ist nun in „Drei tränenlose Geschichten“ die Erzählung „Familie Klagsbrunn“. Sie verfolgt die Spuren der aus Wien stammenden Familie Klagsbrunn, die vor den Nationalsozialisten bis nach Rio de Janeiro floh. Besonders tragisch ist, dass die Kinder der Geflohenen in Brasilien einmal mehr zu Verfolgten werden, weil sie sich politisch engagieren.
Privater und persönlicher ist Erich Hackls wunderbares Werk „Dieses Buch gehört meiner Mutter“, das 2013 im Diogenes Verlag erschienen ist. Und es gehört tatsächlich ihr: Hackl hat es in ihrer Sprache aus der Perspektive seiner Mutter geschrieben, einer Bauerntochter aus dem Unteren Mühlviertel, später Ehefrau und Mutter. Sie war eine einfache Frau, die nicht viele Worte nutzte. „Sei es, weil sie nicht so viele Wörter hat. Oder weil sie sich nicht so viele Wörter nehmen will, weil sie sich nicht so wichtig nimmt. Weil sie bescheiden ist und genügsam, so bescheiden und genügsam wie all die anderen Bewohner ihres Dorfes.“ (Spiegel) Doch dass sie nicht von Liebe sprach, hieß nicht, dass sie sie nicht empfand. Dass sie nicht fortwährend erzählte, hieß nicht, dass sie sich nicht erinnerte. „Ereignisse wie diese mögen lange zurückliegen, viel länger als die Geburt von Hackls Mutter, aber in der Welt von Hackls Mutter vergehen solche Ereignisse nicht. Sie sind aufgehoben in der Traditionsgemeinschaft, die sich Familie nennt.“ (Spiegel) Doch obwohl – oder gerade weil – Erich Hackl sich schlichter Formulierungen und weniger Worte bediente, klingt die Lebensgeschichte seiner Mutter noch sehr lange im Leser nach. Auch ihr hat er so ein Denkmal gesetzt, das in der deutschen Literatur Bestand haben wird. So wie das ganze Werk von Erich Hackl hier Bestand haben wird.
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