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Patrick Modiano

Patrick Modiano wurde 2014 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Photo Catherine Hélie / (c) Éditions GallimardDer französische Nobelpreisträger Patrick Modiano (Jahrgang 1945) ist ein Künstler des Düsteren, Geheimnisvollen. Wenn man einen Film noir zu Worten werden lassen kann, dann ist Modiano genau der Richtige dafür. In der Begründung des Nobelpreis-Komitees hieß es, Patrick Modiano werde für seine „Kunst des Erinnerns, mit der er die unbegreiflichsten menschlichen Schicksale wachgerufen und die Lebenswelt während der (deutschen) Besatzung sichtbar gemacht hat“, ausgezeichnet. Erinnerung, Vergessen, Identität und Schuld – das sind die großen Themen in den Werken des Schriftstellers, der kurz nach Kriegsende, im Juli 1945, bei Paris geboren wurde. Seine Eltern hatten sich während der Besatzungszeit in Paris kennengelernt. Seine Kindheit in der Stadt an der Seine muss geprägt gewesen sein von den Zeugnissen dieser Zeit, von den Geschichten und Gräueltaten. Obwohl er selbst noch nicht auf der Welt war, als die Deutschen Frankreich besetzten, blitzt diese Zeit doch immer wieder in seinen Werken auf – ganz so, als reichten die Erinnerungen Modianos sogar bis in die Zeit vor seiner Geburt zurück.

„Ich war als Kind ziemlich viel mir selbst überlassen und ging ständig allein in Paris spazieren. Ich war 8 Jahre alt, als ich die Seine zum ersten Mal allein überquert habe. So etwas prägt sich sehr tief ein, tiefer als alles andere. Später haben sich diese Bilder jedoch in etwas verwandelt, das außerhalb der Zeit liegt, sie wurden zu einer inneren Landschaft, in der die Zeit stillsteht“, erklärte Patrick Modiano dieses Phänomen in seinen Werken. Als Iris Radisch von der ZEIT ihn daraufhin fragte, ob dies der Grund dafür sei, dass man in seinen Werken immer wieder das Gefühl habe, zu den ersten Bildern seiner Jugend zurückzukehren, antwortete Modiano: „Es geht in meinen Büchern überhaupt nicht um mein eigenes Leben oder darum, mich selbst besser zu verstehen. Ich benutze nur Empfindungen, die ich gehabt habe, und Stimmungen, in denen ich gelebt habe. […] Das sind Urbilder, auf die ich immer wieder zurückkomme.“ Auch in seinen Werken über die Okupationszeit, die Modiano selbst nicht miterlebt hat, die aber zum Leitmotiv seiner Werke wird. Das liege für den Nobelpreisträger aber vor allem daran, dass die Stimmung der Okupation „ein allgemeines Lebensgefühl“ geworden sei, die „sich völlig von der geschichtlichen Wirklichkeit gelöst hat.“

Dieses Gefühl des Erinnerns, das durch seine Werke klingt, lässt sich dennoch nicht leugnen. Es ist aber nur eines von vielen magisch anmutenden Elementen im Werk von Patrick Modiano. Ein anderes wird vom Magazin Spiegel als der „magische Modiano-Sog“ bezeichnet. Er ergreift Besitz vom Leser und sorgt dafür, dass er sich der persönlichen Betroffenheit nicht entziehen kann. Sich zu winden und zu wehren – das funktioniert bei Patrick Modiano nicht. Unweigerlich wird der Leser ergriffen, berührt. Dennoch war Patrick Modiano bis ins Jahr 2014 weitgehend unbekannt: Als der Nobelpreisträger für Literatur bekannt gegeben wurde, gab es auch unter den Intellektuellen und Kulturredakteuren nicht wenige, die seinen Namen zunächst nachschlagen mussten. Modiano war so etwas wie ein Geheimtipp, den man – wenn man ihn einmal entdeckt hatte – nur ungern preisgab. Und das, obwohl „Die kleine Bijou“, „Eine Jugend“, „Dora Bruder“ und „Ein Stammbaum“ zu den besten Büchern gehören, die die französische Literatur in jüngerer Zeit zu bieten hatte. Auch „Gräser der Nacht“ lässt sich problemlos in diese Liste einreihen. Es ist das Buch, das beweist, dass Patrick Modiano den Literaturnobelpreis vollkommen zu Recht erhalten hat. Von deutscher Besetzung findet sich in diesem Roman jedoch keine Spur. Stattdessen spinnt der Autor eine betörend düstere Liebes- und Kriminalgeschichte um einen historischen Mordkomplott aus den 60er Jahren.

Die Magie dieses Romans liegt in der der Modianischen Zwischenwelt zwischen Realität und Fantasie und im Verschmelzen von „Impressionen aus Gegenwart und Vergangenheit zur Rekonstruktion einer nur angeblich unbedeutenden, in Wahrheit himmelstürzenden Affäre“ (Spiegel). Trotzdem liest sich „Gräser der Nacht“ flüssig und erlaubt jedem Modiano-Neuling einen angenehmen Einstieg. So kann man sich ganz allein davon überzeugen, dass Patrick Modiano eine gute Wahl für den Literaturnobelpreis 2014 war. „Die beste Wahl seit Jahren“, wie Sebastian Hammelehle, Kulturredakteur bei SPIEGEL ONLINE, konstatiert. Und das, obwohl Patrick Modiano im Interview mit der ZEIT über sich selbst sagte, er habe nach jedem Buch wieder das Gefühl, gescheitert zu sein. Deshalb beginne er sofort wieder mit dem nächsten Buch. So produziert er Jahr für Jahr, praktisch am laufenden Band großartige Werke. Aus diesem Grund sei auch der Nobelpreis, den John Steinbeck als „Todeskuss des Schriftstellers“ bezeichnet hat, für ihn nicht das Ende seiner schriftstellerischen Laufbahn. „Es bleibt doch die Unzufriedenheit, die einen antreibt“, sagte Modiano verständnislos gegenüber der ZEIT.

Auch wir sind der Meinung, dass Patrick Modianos Bücher äußerst lesenswert sind, deshalb empfehlen wir hier die Besten.

Unsere Buchtipps - Diese Bücher von Patrick Modiano empfehlen wir Ihnen:

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