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Alice Schwarzer

Alice Schwarzer (Jahrgang 1942) ist die Ikone des Feminismus in Deutschland. Ohne sie wäre er nicht das, was er heute ist. Seit über 40 Jahren gilt sie als Galionsfigur der deutschen Frauenbewegung. Als Gründerin und Herausgeberin der Frauenzeitschrift EMMA führte Alice Schwarzer ganze Generationen von Frauen an die Emanzipation heran und schuf ein neues Frauenbild, das sich klar von dem Bild unterschied, das die meisten Medien in den 1980er und 1990er Jahren zeichneten. Als Journalistin, Verlegerin und Chefredakteurin ist Alice Schwarzer das, was der SPIEGEL 2012 als Berufsfeministin bezeichnete. Wie es dazu kam, erzählt sie in ihrer Autobiografie „Lebenslauf“, die 2011 in den Buchhandel kam und sich wohltuend von anderen Selbstoffenbarungen unterscheidet. Das liegt nicht nur daran, dass Alice Schwarzer tatsächlich Sprachgefühl und Talent zum Schreiben hat, sondern auch daran, dass sie sachlich analytisch nachverfolgt, wer ihr Leben geprägt hat und was ihr mit auf den Weg gegeben worden ist. Da steht an vorderster Stelle ihr fürsorglicher Großvater, der ein „sehr mütterlicher Großvater“ gewesen sei. „Mein Großvater war eigentlich meine Mutter. Er hat mich versorgt, gewickelt, gefüttert, wahnsinnig liebevoll. Von daher konntest du mir nicht erzählen, Männer sind Monster und können das nicht“, sagte sie im Oktober 2013 bei „Inas Nacht“ in der ARD. Auch ihre Großmutter habe sie sehr geprägt: Sie sei „sehr politisiert“ gewesen und habe über einen „hohen Gerechtigkeitssinn“ verfügt. Die Familie Schwarzer stand schon für ihre Überzeugungen ein, bevor sich Alice Schwarzer als Frauenrechtlerin einen Namen machte: Der gelebte Widerstand gegen die Nazis und die Solidarität mit den Opfern sei sehr prägend für sie gewesen. Nach einem Sprachenstudium in Paris und einem Volontariat bei den Düsseldorfer Nachrichten, arbeitete Alice Schwarzer als Reporterin für die Zeitschrift „Perdon“ und kehrte schließlich als politische Korrespondentin für Radio, Fernsehen und Zeitschriften nach Paris zurück, wo sie sich mit der französischen Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir und dem Publizisten und Philosophen Jean-Paul Sartre anfreundete, die ihre Haltung nachhaltig beeinflussten. Die beiden zählen zu ihren wichtigsten und prägendsten Wegbereitern. Als Korrespondentin spezialisierte sich Alice Schwarzer denn auch auf „die Folgen von 68 im politischen, sozialen und kulturellen Bereich“. Von 1970 bis 1974 schloss sie noch ein weiteres Studium an und belegte an der Universität von Vincennes Psychologie und Soziologie. In Paris schloss sie sich der ersten feministischen Gruppe der französischen Frauenbewegung, dem Mouvement pour la libération des femmes (MLF) an und kämpfte mit ihnen für die Legalisierung der Abtreibung. Inspiriert von den Aktionen der Bewegung rief Alice Schwarzer in Deutschland die Aktion „Frauen gegen den §218“ ins Leben. 1971 veröffentlichte sie passend dazu ihr erstes Buch: „Frauen gegen den §218“. 1973 folgte das Buch „Frauenarbeit – Frauenbefreiung“, in dem sie für eine außerhäusliche Berufstätigkeit als Schlüssel für die Gleichberechtigung der Frauen kämpfte. Die Gleichberechtigung ist bis heute ihr wichtigstes Anliegen: „Ich bin für Chancengleichheit für Frauen und Männer und gegen jede Rollenzuweisung im Namen des biologischen Geschlechts (oder der Klassen- bzw. Rassenzugehörigkeit). Die Geschlechterrollen engen Frauen wie Männer ein. Beide müssen sich davon befreien“, schreibt Alice Schwarzer auf ihrer Homepage. „Frauenarbeit – Frauenbefreiung“ wurde ein grandioser Erfolg und machte Schwarzer zur Gallionsfigur der deutschen Frauenbewegung. „Nicht unsere Integrierung ist wünschenswert, nicht die Vermännlichung der Frauen, sondern die Vermenschlichung der Geschlechter“, brachte sie 1975 in einem Streitgespräch mit Esther Vilar im WDR ihre Ansichten auf den Punkt. Zwei Jahre später erschien die erste Ausgabe der feministischen Frauenzeitschrift EMMA, deren Chefredakteurin und Verlegerin Alice Schwarzer bis heute ist. Seit 1990 vergibt eine Jury jährlich den „Emma-Journalistinnen-Preis“ für „journalistisch innovative Artikel, die ein Bewusstsein für gesellschaftliche Realitäten und die Lage der Geschlechter haben.“ Bis 2012 veröffentlichte Alice Schwarzer parallel dazu 26 Bücher als Autorin und 17 Bücher als Herausgeberin, darunter auch Biografien über Marion Dönhoff und Romy Schneider. 2008 scheiterte eine Übergabe der EMMA-Chefredaktion an die Fernsehjournalistin und Kolumnistin Lisa Ortgies daran, dass – wie Der Spiegel schrieb - Alice Schwarzer „weiterhin das Tagesgeschäft dominiert und so einen Generationswechsel zum Scheitern“ gebracht habe. Der Nachfolgestreit, der zum Teil medial ausgetragen wurde, wurde von Spiegel Online als unprofessionell und unsolidarisch bezeichnet. Auch anderweitig sorgte Alice Schwarzer in den letzten Jahren für Irritation. So ließ sie sich zum Gesicht einer Image-Kampagne der BILD-Zeitung machen, obwohl sie diese in der Vergangenheit häufig wegen ihrer Menschen- und Frauenfeindlichkeit attackiert hatte, und im Oktober 2013 zeigte sie sich in der ARD-Talkshow „Inas Nacht“ so ausgelassen, spritzig und aufgeschlossen wie nie. Hier gab sie nicht nur einen Blondinenwitz zum Besten, sie verriet auch, was sie an Männern besonders mag. „Ich bin keine verhämte Hexe“, sagte sie dort und spielte damit auf das Bild an, das sie in der öffentlichen Wahrnehmung in der Regel einnimmt. Gegen dieses Image wehrt sich Alice Schwarzer schon länger. Dass sich das Bild inzwischen etwas gewandelt hat, liegt auch an ihrer Autobiografie „Lebenslauf“. In der taz lobte Rezensentin Heide Oestreich: „Sie liebt Mode. Sie schminkt sich. Sie schwärmt für James Dean. Wenn das keine Frau ist, mit der sich neue deutsche Mädchen und Postfeministinnen identifizieren können!“ Schon allein wegen dieses neuen Bildes von Alice Schwarzer lohnt es sich, ihre Autobiografie „Lebenslauf“ zu lesen. Anfang 2014 dann der Schock: Alice Schwarzer hat Steuern hinterzogen. Der „Stern“ schreibt: „Nun also auch Alice Schwarzer. Die Feministin in einer Liga mit Steuersündern wie Uli Hoeneß und Klaus Zumwinkel. Hat sich die Moral verändert?“ Schon werden Stimmen laut, Schwarzer solle ihr Bundesverdienstkreuz zurückgeben. Ihre Glaubwürdigkeit sei in Gefahr, nachdem sie jahrzehntelang für Gleichberechtigung, Chancengleichheit, Gewaltfreiheit kämpfte und vielen als moralische Instanz galt. Doch noch sind die Kritiker vorsichtig: „Auf jeden Tadel folgt die Verbeugung vor dem Lebenswerk der kritischen Journalistin und scharfsinnigen Frauenrechtlerin“ (Frankfurter Rundschau).

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