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Albert Vigoleis Thelen

Albert Vigoleis Thelen (1908 – 1989) ist für den Literaturwissenschaftler Jürgen Pütz noch immer der „große Unbekannte der deutschen Literatur.“ Obwohl wir die biografischen Stationen seines Lebens – die fünf Jahre auf Mallorca, die er in „Die Insel des zweiten Gesichts“ verarbeitete, das Exil im Tessin, die beinah fürstlichen Jahre während des Zweiten Weltkriegs auf dem portugiesischen Weingut „São João de Gatão“ und die Jahrzehnte in Lausanne-Vennes – kennen, so bleibt Thelen als Mensch doch weitgehend ungreifbar. Wir wissen, dass er schon als Student emsige Schreibversuche unternahm und hier aus dem streng katholisch erzogenen Albert Thelen der Autor Albert Vigoleis Thelen wurde. Wir wissen, dass Thelen diesen zweiten Vornamen in Anlehnung an das mittelalterliche Versepos „Wigalois“ des Wirnt von Grafenberg wählte. Wir wissen, wie sehr er sich danach sehnte, Texte zu veröffentlichen und wir wissen, was er uns in „Die Insel des zweiten Gesichts“ über sich und sein Leben preisgibt. Viel ist das nicht und es von dem zu unterscheiden, was reine Fiktion ist, ist nicht einfach.

Wir müssen uns also mit seinen Worten begnügen, doch das ist bei Albert Vigoleis Thelen nicht weiter schwierig. Das liegt vor allem am schier unerschöpflichen Sprachschatz des Autors, dessen Variantenreichtum keine Grenzen zu kennen schien. Umgangssprachliche Wörter stehen bei Thelen neben Fachausdrücken, Neologismen und uralten Wörtern, die bereits in Vergessenheit geraten waren, als er sie wieder ausgrub. Diese Archaismen haben etwas Spielerisches, umso mehr als Albert Vigoleis Thelen sie ohne erkennbare Mühe verwendet und in sein wild wucherndes Romanwunder integriert. Das Buch „Die Insel des zweiten Gesichts“, das 1953 erschien, war erst die zweite Veröffentlichung von Thelen, doch diejenige, die ihn in den Olymp der Weltliteratur erhob. Thomas Mann nannte den Roman eines „der größten Bücher des 20. Jahrhunderts.“ Für die Nachkriegsliteratur war es ein Schatz: Deutlich erkennen wir, dass es Thelen in den fünf Jahren, die er zwischen 1931 und 1936 auf Mallorca verbrachte, unbegreiflich war, wie schnell und widerstandslos der Nationalsozialismus in Deutschland Akzeptanz fand. Aus seiner eigenen Abneigung gegenüber dem Regime und seiner Ideologie macht Albert Vigoleis Thelen dann auch keinen Hehl. Den ersten  Entwurf für den Roman legte Thelen der „Gruppe 47“ vor, die damals richtungsweisend für die Nachkriegsliteratur war. Hans Werner Richter hatte für die Sprache des damals in Amsterdam lebenden 50-jährigen Nachwuchsschriftstellers nicht viel übrig und nannte seine facettenreiche Sprache abfällig „Emigrantendeutsch“, das man hier nicht brauche. Doch der Kopf der „Gruppe 47“ sollte sich irren.

Joachim Kaiser soll schon damals widersprochen und gesagt haben, wenn dem so sei, dann wäre es Zeit, dass sie alle emigrierten, wenn sie nachher so schreiben könnten wie Thelen. Zwar fand Albert Vigoleis Thelen nie den großen Zuspruch der breiten Masse, wie dies anderen Autoren der Nachkriegszeit gelang, doch „Die Insel des zweiten Gesichts“ entwickelte sich zum ewigen Geheimtipp unter Kennern guter Literatur. Statt den kurzen Ruhm eines Bestsellers zu erleben, wurde der Roman zum Longseller. Martin Walser nannte es später als „eines der großen Prosabücher, die es gibt“ und Siegfried Lenz stimmte ihm zu: „Wenn es ein Buch wirklich verdient, ein Ereignis genannt zu werden, dann dies.“ Wie schlimm ist es dann noch, dass wir die Person Albert Vigoleis Thelen selbst heute so wenig greifen können? Es hält sich wohl in Grenzen. 1989 starb Thelen im Alter von 85 Jahren im „St.-Cornelius-Stift“ in Viersen-Dülken.

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