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Simon van Booy

Simon van Booy (Jahrgang 1975) passt in jeder Hinsicht in das Bild des wahnsinnig talentierten, schüchternen, weltentrückten Schriftstellers, der Anfang des 20. Jahrhunderts in einer winzigen Dachgeschosswohnung in Paris ein wahres Meisterwerk erschafft. Zunächst einmal deshalb, weil Simon van Booy tatsächlich unsagbar talentiert ist. Und dann auch, weil er diese herrlich altmodischen Tweetjackets trägt, darunter ein ordentliches Hemd, manchmal mit Fliege, manchmal mit einem Seidentuch, das aus der Brusttasche blitzt – und weil auf seinen Fotos nicht selten eine Schreibmaschine neben dem Notebook steht. Bei Lesungen ist von seiner Wortgewandtheit nicht viel zu erkennen – bis er sein Buch in die Hand nimmt und mit sanfter Stimme zu lesen beginnt und die Zuhörer in seinen Bann zieht. Was Simon van Booy zu Papier bringt, möchte man einfach laut vortragen, wieder und wieder vorlesen, auf der Zunge zergehen lassen.

Simon van Booys Literatur hat etwas Magisches, etwas altmodisch Poetisches, das heute so vielen Werken fehlt. Es fühlt sich beinah an, als hätte man vergessen, was Literatur kann, bis man Simon van Booy liest und er einem die Augen öffnet für das Poetische in einer Welt, die alles Poetische verloren hat. In seinem 200-Seiten-Meisterwerk „Die Illusion des Getrenntseins“ ist es die Zeit des Zweiten Weltkriegs, die wir aus allen Perspektiven miterleben: Aus der räumlichen Ferne, in der Zukunft liegend, in der Gegenwart, in der Vergangenheit. All die Leben, auf die Simon van Booy darin Schlaglichter wirft, sind wie durch hauszarte Fäden miteinander verbunden, ohne dass es gekünstelt oder gar zu sehr konstruiert wirkt. Deutlich spürt man, dass der Autor nicht auf „das in der Literatur überstrapazierte Suchen nach Identität anhand der Wurzeln“ (sf-magazin.de) abzielt, sondern dass es ihm um etwas geht, das tiefer geht. Simon van Booy ist Philosoph: Drei Bücher über Philosophie („Why We Fight“, „Why Our Decisions Don’t Matter“ und „Why We Need Love“)  hat er bereits veröffentlicht. Und genauso philosophisch geht er auch an sein Thema heran, an die Suche nach (und die Freude an) Zufällen, wie sie einem im Leben immer wieder geschenkt werden.

Geboren in London, aufgewachsen in Wales und Oxford, hat Simon van Booy schon viel von der Welt gesehen und sicher auch den einen oder anderen dieser Zufälle erlebt: Er spielte Football in Kentucky, lebte in Paris und Athen und fand schließlich in Brooklyn eine Heimat für sich, seine Frau und seine Tochter. In New York unterrichtet er, wenn er nicht schreibt, an der School of Visual Arts und an der Long Island University. Immer wieder veröffentlicht Simon van Booy auch Essays und Artikel The New York Times, The Daily Telegraph, The Guardian, The Mail und The Times, schreibt für Rundfunk und Theater und inzwischen sogar Drehbücher. Der Durchbruch gelang ihm 2007 mit dem Erzählband „The Secrets of People in Love“. Zwei Jahre später folgten in „Love Begins in Winter“ weitere Kurzgeschichten. Seinen ersten Roman veröffentlichte Simon van Booy 2011 unter dem Titel „Everything Beautiful Began Afterwards“. „Die Illusion des Getrenntseins“ (2012) ist sein erster Roman, der ins Deutsche (und 13 weitere Sprachen) übersetzt wurde. Doch nach diesem bezaubernden Meisterwerk können wir sicher sein, dass wir hierzulande noch mehr von Simon van Booy hören und lesen werden.

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