Johann Wolfgang von Goethe
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) gilt bis heute als der größte und bedeutendste deutsche Dichter aller Zeiten, seine Werke zählen zu den absoluten Höhepunkten der Weltliteratur und dürfen in keinem Literaturkanon fehlen. Sein Gesamtwerk umfasst zahllose Gedichte, Dramen, Romane aber auch naturwissenschaftliche, kunst- und literaturtheoretische Schriften. Johann Wolfgang von Goethe gilt nicht nur als Dichterfürst, sondern auch als erster Weltenbürger und Universalgenie. Er studierte in Leipzig Jura, vernachlässigte das Studium aber bald, um sich der Poetik zuzuwenden.
Überhaupt wählte er die Studienrichtung, die so gar nicht seinen Neigungen und Interessen entsprach, nur seinem Vater, einem Juristen, zu Liebe, der für seinen Sohn ein gesichertes Leben vorgesehen hatte. Es war jedoch eher das Ansehen, das mit diesem Beruf zusammenhing, das für Johann Caspar Goethe ausschlaggebend war. Finanzielle Sorgen hatte er nicht: Die Familie lebte von den Erträgen seines Vermögens auf großem Fuße. Es ist Johann Wolfgang von Goethe deshalb nachzusehen, dass er bald das Interesse am Studium verlor. Er wusste, mit dem Vermögen seines Vaters wäre für sein Auskommen gesorgt, und er konnte sich ohne jeglichen finanziellen Zwang seinen Neigungen widmen.
Frühe Jahre: Johann Wolfgang von Goethe in Leipzig und Wetzlar
Leipzig war dafür der perfekte Ort. Während das heimische Frankfurt konservativ und bieder erschien, war Leipzig weltoffen und von einer erfrischenden Eleganz. Anstatt in den Jura-Vorlesungen zu sitzen, besuchte Johann Wolfgang von Goethe Poetik-Vorlesungen und nahm Malunterricht und erlernte die Kunst des Holzschnitts und der Radierung. Am Abend besuchte er Theateraufführungen, verbrachte Zeit mit Freunden (unter anderem in „Auerbachs Keller“) und verliebte sich. Beflügelt von diesen ersten Gefühlswallungen schrieb er schon früh eigene Gedichte und probierte verschiedenste Stile aus. Während seine ersten Gedichte im Stil des Rokoko verfasst waren, befreite er sich zunehmend von dessen starrer Enge und ebnete den Weg für den Sturm und Drang. Durch eine Freundin seiner Mutter erfuhr diese Stürmischkeit jedoch bald eine Zähmung. Susanne von Klettenberg machte Johann Wolfgang von Goethe für den Pietismus empfänglich. Beeinflusst wurde sein dichterisches Schaffen auch vom Literaturtheoretiker Johann Gottfried Herder, einem guten Bekannten des jungen Goethe, der ihm die ursprüngliche Sprachgewalt der antiken Dichterfürsten näher brachte.
Zurück in Frankfurt eröffnete er trotz aller dichterischen Bestrebungen 1772 zunächst einmal eine Anwaltskanzlei und schrieb sein Drama „Götz von Berlichingen“, das als Gründungswerk des Sturm und Drang gilt. Obwohl Goethe 1772 eine Anstellung beim Reichskammergericht in Wetzlar angenommen hatte, schenkte er den juristischen Studien nur wenig Aufmerksamkeit. Ein Kollege dort beschrieb ihn damals so: „Er besitzt, was man Genie nennt, und eine ganz außerordentliche Einbildungskraft. […]Er tut, was ihm gefällt, ohne sich darum zu kümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhaßt.“ Es verwundert also nicht weiter, dass die Arbeit für das junge Genie eine Unannehmlichkeit war. Viel zu offen war sein Geist für die schönen Dinge des Lebens. Darunter eben auch für Charlotte Buff, die Verlobte eben jenes Kollegen, der Goethe so treffend beschrieben hatte. Kurz darauf erschienen „Die Leiden des jungen Werther“, inspiriert von Goethes Liebe zu Charlotte, der er in der Figur der Lotte ein ewig schönes Denkmal setzte. Als die Situation des Dreiergespanns zu eskalieren drohte, verließ Johann Wolfgang von Goethe die Stadt. Anders als seine Romanfigur nahm er sich also nicht aus Liebeskummer das Leben. Doch das Buch hatte seine eigene Dynamik und entzündete ein regelrechtes „Wertherfieber“, das von Wetzlar auf Deutschland und schließlich auf ganz Europa überging. Vermutlich ohne es zu ahnen, hatte Johann Wolfgang von Goethe mit seinem vor Leidenschaft sprühenden Werk den Nerv der Zeit getroffen. Sicher ist, dass aus den Zeiten, in denen Johann Wolfgang von Goethe am stärksten unter seiner eigenen Empfindsamkeit litt, die meisten und besten Werke stammen. So schrieb er in Wetzlar seinen „Ganymed“, den „Prometheus“ und mehrere Dramen. Hier begann er auch damit, sich mit dem Faust-Stoff auseinander zu setzen.
Sinnkrise: Goethes Selbstfindung in Frankfurt und Weimar
Nach dem, was man nicht anders als Flucht aus Wetzlar nennen kann, lebte Goethe vorübergehend wieder in Frankfurt. Hier verliebte sich Johann Wolfgang von Goethe in die Bankierstochter Lili Schönemann. Doch so sehr, wie sich Goethe nach der Liebe sehnte, und so wenig er ihr widerstehen konnte, so große Angst hatte er auch davor, sich tatsächlich zu binden. Kaum waren die beiden verlobt, ging Goethe auf Abstand und unternahm eine mehrmonatige Reise durch die Schweiz. Als die Verlobung gelöst wurde, litt er wiederum Höllenqualen. Dieses Motiv zieht sich durch Goethes gesamtes Leben. Beinahe bekommt man das Gefühl, er sei in das Gefühl der Liebe und in die damit verbundene Dramatik verliebt gewesen und nicht in die Frauen, um die es ging. Ab 1775 lebte Goethe auf Einladung des Herzogs Karl August in Weimar. Doch obwohl die Stadt für die Weimarer Klassik, deren wichtigster Vertreter Goethe war, namensgebend war, veröffentlichte er in den kommenden zehn Jahren, seinen ersten in Weimar, kaum etwas. Schuld daran war seine Tätigkeit als politischer Berater für den Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach. Für diese Tätigkeit reiste Johann Wolfgang von Goethe quer durch das Land und lernte die Menschen und ihre Probleme kennen. 1782 wurde er sogar zum Finanzminister ernannt. Doch die Reformbestrebungen, die Goethe eifrig in Gang zu setzen hoffte, erstickten an der steifen Aristokratie und im erstarrten Behördensystem. Frustriert zog sich Johann Wolfgang von Goethe aus den Staatsgeschäften zurück. Einzig seine Beratertätigkeit für den Herzog gab er nicht auf.
Erst jetzt widmete sich Goethe wieder verstärkt dem Schreiben. Das Fundament für den Bildungsroman „Wilhelm Meister“ war gelegt und das innige Verhältnis zu seiner mutterhaften Förderin – und möglichen Geliebten – Charlotte von Stein ließ ihn einige seiner schönsten Liebesgedichte schreiben. Darüber hinaus stammen einige seiner bekanntesten Gedichte, darunter „Erlkönig“ und „Wanderers Nachtlied“, aus dieser Zeit. Parallel dazu galt sein Interesse der Naturwissenschaft. Seine Interessensgebiete waren breit gefächert. Er interessierte sich für Mineralogie und Geologie ebenso, wie für die Botanik. All das ließ er jedoch abrupt hinter sich, als er zu seiner Italienreise aufbrach. In einer tiefen Sinn- und Identitätskrise steckend, verließ Johann Wolfgang von Goethe Weimar ohne ein Wort des Abschieds. Beinahe zwei Jahre zog er durch Italien und erlebte hier das, was er als persönliche Wiedergeburt bezeichnete. Seine Begegnung mit den Werken der Antike und Renaissance sollten sein Wirken nachhaltig beeinflussen. Kaum war Johann Wolfgang von Goethe 1788 nach Weimar zurückgekehrt, stürzte er sich in eine neue Liebesbeziehung zu der viel jüngeren Christiane Vulpius, mit der er bis an sein Lebensende ein erst spät legitimiertes Verhältnis haben sollte. Beruflich widmete er sich seiner Aufgabe als Leiter des Weimarer Hoftheaters und Berater der Universität Jena. Nebenbei beschäftigte er sich mit der Metamorphose der Pflanzen und der Farbenlehre. Goethes Werke aus dieser Zeit, zum Beispiel „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ und „Der Zauberlehrling“, waren nun eindeutig klassisch geprägt, was auf seine Italienreise zurückzuführen ist. In dieser Zeit entstand auch die enge Freundschaft zu seinem Dichterkollegen Friedrich Schiller. Gemeinsam schufen die beiden Freunde die bedeutendsten Werke ihrer Zeit.
Die letzten Jahre des Johann Wolfgang von Goethe
Als Schiller 1805 viel zu früh verstarb, war dies für Johann Wolfgang von Goethe ein schwerer Verlust. Im darauf folgenden Jahr heiratete Goethe endlich Christiane Vulpius, was ihr, die jahrelang als illegitime Geliebte Goethes eine Ausgestoßene war, endlich Zugang zu seiner Gesellschaftsschicht verschaffte. Als sie 1816 starb, zog sich Goethe bald von seinen Ämtern zurück und widmete sich stärker mystischen Aspekten. Er zog sich zurück, um die „Kräfte zu nutzen, die […] noch geblieben waren“ und arbeitete in aller Stille vor sich hin. Aus seinem Spätwerk sind vor allem Goethes umfangreichste Gedichtsammlung, der „West-östliche Divan“ aus dem Jahr 1819 (Erweiterung 1827) und der zweite Teil des „Faust“ hervorzuheben. In seinem „Divan“ setzt sich Johann Wolfgang von Goethe intensiv und sehr sinnlich mit den Texten des persischen Dichters Hafis auseinander und plädierte für religiöse Toleranz und interkulturelles Verständnis. 1832 verstarb Goethe in Weimar - vermutlich an einem Herzinfarkt. Es heißt, er habe zuletzt gesagt: „Mehr Licht!“. Goethes Bedeutung für die europäische Kunst und Kultur ist gar nicht oft genug zu betonen. Wie schmerzhaft muss es im Moment seines Todes für ihn gewesen sein, nicht in alle Geheimnisse des Universums mehr Licht gebracht zu haben. Letztendlich war er selbst der Faust, der nach der allumfassenden Erkenntnis strebte, die er all seinen Bemühungen zum Trotz wohl nie erreichte.
Diese Klassiker von Johann Wolfgang von Goethe finden Sie bei uns:
- Die Leiden des jungen Werther
- Die Wahlverwandtschaften
- Faust
- Iphigenie auf Tauris
- Prometheus: Dramatisches Fragment
- West-östlicher Divan
- Wilhelm Meisters Lehrjahre
- Wilhelm Meisters Wanderjahre
Lesen Sie mehr über die faszinierende Persönlichkeit von Goethe:
- Anatomie der Wolken
- Ein liebender Mann
- Goethe
- Goethe und Schiller. Geschichte einer Freundschaft
- Goethe – Kunstwerk des Lebens
- Goethes Hinrichtung
- Goethe - Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens