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Roger Willemsen

Roger Willemsen macht mit seiner ungewöhnlichen Themenwahl immer wieder von sich Reden. (c) Mathias BothorRoger Willemsen (Jahrgang 1955) war ein deutscher Publizist und Buchautor aus Bonn. Er studierte in Bonn, Florenz, München und Wien Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie und arbeitete anschließend als Assistent für Literaturwissenschaft an der Universität München. Seitdem ist er als Essayist, Herausgeber und Übersetzer tätig und schreibt für verschiedene Rundfunkstationen, Zeitschriften und Zeitungen. Drei Jahre verbrachte Roger Willemsen als Korrespondent in London. Seit 1991 war er auch immer wieder im deutschen Fernsehen zu sehen, wo er unter anderem „Willemsens Woche“ moderierte.

Seine Moderatoren-Karriere begann er beim Bezahlsender Premiere, für den er die Interviewreihe „0137“ moderierte, an der sich die Zuschauer telefonisch beteiligen konnten. Dabei brach Willemsen zahlreiche Tabus, interviewte einen Kannibalen, ein junges Vergewaltigungsopfer und einen flüchtigen Bankräuber. Dafür erhielt er 1992 den Bayerischen Fernsehpreis und das „Goldene Kabel“ für die innovativste Sendung. Weitere Auszeichnungen, die Roger Willemsen für seine einfühlsamen Sendungen erhielt, sind der Adolf-Grimme Preis in Gold und 2012 der Prix Pantheon. Beim Grimme-Preis hob man besonders hervor, dass Roger Willemsen mehrere grammatikalisch korrekte Sätze am Stück formulieren könne – eine Fähigkeit, die vielen Fernsehmoderatoren fehle. Nach „Willemsens Woche“, die 1994 auf Sendung ging, moderierte er ab 1996 „Willemsens Zeitgenossen“ und lud hier zahlreiche internationale Prominente zu Gesprächen ein. Weitere erfolgreiche Formate, denen Roger Willemsen sein Gesicht und seine Stimme lieh, waren „Gipfeltreffen“ und „Nachtkultur mit Willemsen“. 2002 zog er sich vorübergehend aus dem Fernsehgeschäft zurück, bevor er 2004 in den Literaturclub des Schweizer Fernsehens aufgenommen wurde, wo er Elke Heidenreich und Daniel Cohen-Bendit ersetzt. Der Literaturclub ist eine der ältesten und renommiertesten Literatursendungen im deutschsprachigen Fernsehen.

Dem Schreiben selbst ist er ebenfalls bis heute treu geblieben. Zahlreiche Romane, Sachbücher und Reiseberichte hat Roger Willemsen bereits veröffentlicht. 2010 gelang ihm mit dem Reisebericht „Die Enden der Welt“ auch literarisch der ganz große Durchbruch. 2012 folgte der Roman „Momentum“, den Willemsen vollständig aus Momentaufnahmen zusammensetzte. Über das Buch sagt er: „Das Leben kann man nicht verlängern, aber wir können es verdichten“. Und genau das tut er in diesem Roman, wenn er intensive Momente aneinander reiht und nur das aus der Flut der Ereignisse hervorhebt, was wirklich hängen bleibt und von Belang ist. Roger Willemsen feiert den Augenblick und schafft einen sehr wohltuenden Perspektivenwechsel. Einen Perspektivwechsel schafft auch sein Buch „Es war einmal oder nicht“, in dem Roger Willemsen einen Einblick in das Leben von Kindern in Afghanistan gibt. Auf seinen zahlreichen Reisen haben ihm Hunderte von Kindern Zeichnungen, Briefe und Aufsätze mitgegeben, die ihn zutiefst berührten. Einige von ihnen besuchte er im Herbst 2012 erneut und sah mit eigenen Augen, was es für diese Kinder heißt, in einem vom Krieg gebeutelten Land aufzuwachsen. All das hat Willemsen zu einem Buch zusammengefügt, das dem Leser immer wieder die Tränen in die Augen treibt, ihn aber andererseits auch an glücklichen Momenten teilhaben lässt: „Es war einmal oder nicht: Afghanische Kinder und ihre Welt“.

Als 2014 sein Buch „Das Hohe Haus“ erschien, musste man sich dann ernsthaft fragen, wie es sein kann, dass ein einzelner Schriftsteller eine so große Themenpalette dermaßen eloquent abdeckt. Ein weiteres Mal stellt er darin sein Talent für außergewöhnliche Themen unter Beweis: Ein Jahr lang saß Roger Willemsen auf der Zuschauertribüne des Deutschen Bundestags. Egal zu welchem Thema, egal zu welcher Uhrzeit: Willemsen hörte genau zu, beobachtete und machte sich Notizen, aus denen sich dieses überraschend kurzweilige Buch zusammensetzt. Viele der gängigen Vorurteile über Politik und Politiker konnte Willemsen dabei entkräften. Was er sah, hatte nichts mit faulen Politikern zu tun, die den Tag auf ihrer Bank verträumten, sondern mit überwiegend engagierten Menschen, die Tag für Tag ein hartes Arbeitspensum zu bewältigen haben. Und wenn sich das Buch gelegentlich in endlosen Debatten und Beobachtungen in die Länge zieht, dann kann auch das nur im Interesse von Roger Willemsen gewesen sein, denn es zeigt uns: Politik ist harte Arbeit, die langsam vorankommt, ermüdend ist und an den Kräften zerrt, aber sie muss gemacht werden. Und sie funktioniert. Wenn auch anders, als wir bisher dachten.

Roger Willemsen war außerdem Schirmherr verschiedener Festivals und Institutionen und engagierte sich in humanistischen Projekten in Afghanistan. Er unterstützte Terre des femmes und war Botschafter von Amnesty International.

Im August 2015 gab die deutsche Publizistin, Literaturkritikerin und Moderatorin Insa Wilke ein Buch über das Leben und Wirken von Roger Willemsen heraus: "Der leidenschaftliche Zeitgenosse: Zum Werk von Roger Willemsen". Dafür hat Wilke ein großes, ernstes Gespräch mit Willemsen geführt, den sie als einen der "vielseitigsten und bekanntesten Intellektuellen unserer Zeit" bezeichnet. Aus diesem Gespräch heraus porträtiert sie ihn als sprühenden Enthusiasten, der aber auch ganz still und melancholisch werden oder in leidenschaftlicher Wut entflammen kann. Hinzu kommen mehrere bislang unveröffentlichte Selbstzeugnisse des Autors, die zusammen ein recht klares Bild von jenem leidenschaftlichen Zeitgenossen abgeben, der Roger Willemsen war.

Unsere Buchtipps - Diese Bücher von Roger Willemsen empfehlen wir Ihnen:

Sehr charmant ist auch das Hörbuch, das Roger Willemsen gemeinsam mit Anke Engelke über die "Literatur neben der Literatur" erschaffen hat: "Habe Häuschen. Da würden wir leben.: Die wunderbare Welt der Kontaktanzeigen".

Roger Willemsen verstarb im Februar 2016 an einem Krebsleiden.

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