Warum Künstler Autobiographien schreiben
Bud Spencer hat es getan, Keith Richards hat es getan, Christoph Schlingensief, Robbie Williams und Ozzy Osbourne haben es getan. Und natürlich hat Dieter Bohlen es getan – und mit ihm Menowin Fröhlich und viele andere, die bei DSDS und Co. ihre Stunde Ruhm abbekommen haben: Sie alle haben ihre Autobiographie veröffentlicht. Waren solche Bücher früher noch so etwas wie eine Bilanzierung am Ende eines erfüllten und ereignisreichen Lebens, veröffentlichen heute sogar schon 18-Jährige ihre Erinnerungen, in denen sie tiefe Einblicke in ihr Seelen- und Privatleben gewähren.
Mit Autobiographien der Lust an der Sensation frönen
Autobiographien sorgen immer für Aufsehen! Als Dieter Bohlen 2002 sein Buch„Nichts als die Wahrheit“ veröffentlichte, war der Medienrummel grandios. Bohlen tat auf 336 Seiten das, wofür er heute fast ebenso bekannt ist wie für das Singen: Er teilte nach allen Seiten aus und nahm dabei kein Blatt vor den Mund. Mit sichtlichem Genuss deckt Dieter Bohlen in seine Memoiren die Stärken und Schwächen seiner Kollegen aus Musik, Film und Fernsehen auf – und eine ganze Nation ist gleichzeitig faszinierend und empört. In jedem Fall wurde das Buch zum Bestseller!
Mit dem eigentlichen Gedanken der Autobiographie aber hat dieses Enthüllungsbuch – wie die meisten Künstlerbiographien und autobiographischen Bücher von Stars und Sternchen – beinahe nichts mehr gemeinsam. Geständnisse in Autobiografien sind aber nichts Neues: Schon der Kirchenlehrer Augustinus von Hippo veröffentlichte im 5. Jahrhundert seine Lebenserinnerungen mit dem Titel „Confessions“ (dt. Geständnisse). Augustinus beschreibt darin reflektierend die Phasen seiner geistigen Entwicklung. Das eigene Denken, Suchen und Fragen steht im Mittelpunkt dieses Buches. Doch mit den tiefgründigen Gedanken, die der Gelehrte damals äußerte, haben die von Skandalen geprägten Autobiographien von heute kaum noch etwas gemeinsam.
Autobiographien, die sich lohnen
Aber auch heute wird in Autobiografien ohne Ende gestanden, bekannt und gebeichtet: Die Bücher tragen Titel wie „Bekenntnisse eines Callgirls“, „Bekenntnisse eines Wallstreet-Süchtigen“ „Bekenntnisse eines Mafia-Killers“. Ziel der meisten Memoiren ist es jedoch nicht, das eigene Leben selbstkritisch zu reflektieren, sondern in erster Linie, die Sensationslust der Leser zu befriedigen. Der Ehrlichkeit halber muss man aber sagen: Auch in Augustinus‘ „Confessions“ interessierten den Leser natürlich ganz besonders die Abschnitte über dessen Sünden. Das ist Teil der menschlichen Natur. Oftmals jedoch kommt man nicht umhin, sich zu fragen, wo genau der Mehrwert von Künstlerbiographien wie der von Menowin Fröhlich und Co. eigentlich liegt.
Dass es sich aber lohnen kann, Autobiografien zu lesen, beweisen die autobiographischen Werke von Nelson Mandela, Friedrich Nietzsche, Johann Wolfgang von Goethe, Günter Grass, James Joyce, Selma Lagerlöff, Marcel Reich-Ranicki und Richard Wagner. Neben interessanten Einblick in das Leben dieser historisch und künstlerisch bedeutsamen Personen, bieten diese Bücher auch einen interessanten neuen Blickwinkel auf die Zeit, in der ihre Verfasser lebten.
Diese Autobiographien empfehlen wir Ihnen:
Autobiographien von Prominenten
Sportler
- Alleinflug: Mein Leben von Elly Beinhorn
- Geradeaus: Höhen und Tiefen meines Lebens von Maria Höfl-Riesch
- Mein Leben am Limit von Reinhold Messner
- Sebastian Deisler: Zurück ins Leben
- Splitterfasernackt
- Über Leben von Reinhold Messner
Schriftsteller
- Als ich ein kleiner Junge war von Erich Kästner
- Beim Häuten der Zwiebel von Günter Grass
- Camus: Das Ideal der Einfachheit
- Da geht ein Mensch von Alexander Granach
- Das Ende ist mein Anfang von Tiziano Terzani
- Der Unbequeme von Arnulf Baring
- Ein anderes Leben von Per Olov Enquist
- Ein französischer Roman von Frédéric Beigbeder
- Größer als meine Träume von Elisabeth Mittelstädt
- Ich bin der eselhafteste Mensch, den ich je gekannt habe: Neue Geheimnisse meiner Autobiographie von Mark Twain
- In der Mitte des Lebens von Margot Käßmann
- Lebenslauf von Alice Schwarzer
- Meine Straße war die Welt von Juan José Millás
- Nachrichten aus meinem Leben von Erwin Strittmatter
- Outsider: Die Autobiografie von Frederick Forsyth
- Treibsand: Was es heißt, ein Mensch zu sein von Henning Mankell
Musiker
- Bruce. Die Springsteen-Biografie
- Die Toten Hosen: Am Anfang war der Lärm
- Drive-By Shots von Nagel
- Life von Keith Richards
Schauspieler, Entertainer, Regisseure
- Bud Spencer: Mein Leben, meine Filme
- Das Mädchen im Spiegel von Anjelica Huston
- Das wird mir nicht nochmal passieren von Tom Pauls
- Der Junge muss an die frische Luft von Hape Kerkeling
- Herbstblond von Thomas Gottschalk
- Letzte Zugabe von Dieter Hildebrandt
- Recht und Gerechtigkeit von Jörg und Miriam Kachelmann
- Schauen Sie mal böse: Geschichten aus meinem Schauspielerleben von Mario Adorf
- So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!
- Total Recall von Arnold Schwarzenegger
- Wo war ich noch mal? von John Cleese
- Zielgerade von Joachim Fuchsberger
Künstler
Erfolgreiche Unternehmer
- Like a Virgin von Richard Branson
- Womit ich nie gerechnet habe von Götz W. Werner
Autobiographien von Politikern
- Alles zu seiner Zeit: Mein Leben
- Außer Dienst: Eine Bilanz
- Ein Leben zwischen Krieg und Frieden von Kofi Annan
- Nichts ist jemals vollendet: Die Autobiografie von Avi Primor
- Was ich noch sagen wollte von Helmut Schmidt
- Zwischen zwei Leben - Von Liebe, Tod und Zuversicht von Guido Westerwelle
Historische Autobiographien
- 12 Years a Slave
- Der lange Weg zur Freiheit von Nelson Mandela
- Ich trug den gelben Stern
- Tagebuch von Anne Frank
- Vier Stückchen Brot
- Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste
Autobiographien mit besonderen Schicksalen
- 3096 Tage
- Abaya: Meine Kinder bekommst du nicht
- Brief an mein Leben
- Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern
- Die Unzerbrechliche: Elf Jahre in Gefangenschaft. Wie ich überlebte
- Die weiße Massai
- Endlich frei: Ich bin die Tochter aus "Nicht ohne meine Tochter"
- Ich bin Malala
- Ich träumte von Afrika von Kuki Gallmann
- Still Alice: Mein Leben ohne Gestern (Das Buch zum Film)
- Winterwassertief
- Wüstenblume
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Die Flut der Biographien lässt sich nur schwer überblicken, doch gute Biographien ragen aus dieser Masse deutlich heraus. Statt rücksichtsloser Enthüllungen und zahllosen Geständnissen gewähren gute Biographien einen Einblick in einen Menschen und in eine Zeit, die bis heute nachklingt.