Die Leipziger Buchmesse lädt ein
Jedes Jahr aufs Neue gerät die Bücherwelt im März in Aufruhr: Dann kommt die Branche auf der Leipziger Buchmesse zum Jahresauftakt zusammen.
Haben sich die Buchverlage, Autoren und Leser im Winter in ihre Kokons zurückgezogen, um zu schreiben, zu lektorieren und zu lesen, so kommen sie jetzt alle nach Leipzig, um ihre Neuheiten vorzustellen und sich auf die selbigen zu stürzen. Hier werden die Neuerscheinungen des Frühjahres präsentiert – und damit das Bücherjahr zu einem fulminanten Auftakt gebracht.
Die Leipziger Buchmesse 2015 findet vom 12. bis 15. März 2015 statt.
Im Gegensatz zur Buchmesse in Frankfurt gilt die Leipziger Buchmesse als geradezu familiär. Das liegt nicht nur daran, dass sie tatsächlich etwas kleiner ist, weniger Aussteller und auch weniger Besucher hat als Frankfurt, sondern auch daran, dass die Leipziger Buchmesse wesentlich ungezwungener ist. Mitten im Bankenviertel von Frankfurt hat die größte Buchmesse der Welt etwas sehr businessbezogenes. In Leipzig hingegen stellt sich die ganze Stadt voller Vorfreude auf die Buchmesse ein. Das Programm „Leipzig liest“ versetzt Besucher und Einheimische gleichermaßen in ein regelrechtes Lesefieber und auch auf der Buchmesse scheint es eher darum zu gehen, Bekannte zu treffen und gemeinsam der Lust am Buch zu frönen, als Business zu machen. Zweifellos werden auch hier wichtige Kontakte geknüpft und Verträge unterschrieben, doch die Leipziger Buchmesse ist eben eher ein großes Familientreffen. Hier stellt man nach eigener Aussage „die Begegnung zwischen Autor und Besucher in den Vordergrund“. Die Leipziger Buchmesse versteht sich also als Publikumsmesse – und weniger als Fachmesse. Das ist und bleibt Frankfurt vorbehalten.
Die Geschichte der Leipziger Buchmesse
Die Geschichte der Leipziger Buchmesse reicht weit zurück: Schon im 17. Jahrhundert fand in Leipzig eine Buchmesse statt. Damals war Leipzig mit seinen vielen Verlagshäusern das Zentrum des modernen deutschen Buchhandels. Im 18. Jahrhundert kam man nicht an Leipzig vorbei, wenn man es im Verlagswesen zu etwas bringen wollte. 1632 gelang es der Leipziger Buchmesse erstmals, die Zahl der Neuveröffentlichungen der Buchmesse in Frankfurt zu toppen. Diesen Spitzenplatz konnte sich die Messe sogar bis 1945 erhalten, doch nach der Teilung Deutschlands gelang es Frankfurt, einen Vorsprung gut machen, den Leipzig bis heute nicht einholen konnte. So wirklich traurig ist man darüber in Leipzig nicht. Längst hat man sich darauf eingestellt und das Programm entsprechend angepasst. Schon zu DDR-Zeiten hatte sich der Fokus der Messe aus naheliegenden Gründen gen Osten verschoben. Bis heute hat sich daran nichts geändert: Während die Buchmesse in Frankfurt jedes Jahr mit einem neuen Gastgeberland aufwartet, hat die Leipziger Buchmesse einen jährlich einheitlichen Schwerpunkt: Osteuropa. Das merkt man nicht nur an den Vorträgen und Diskussionsrunden, sondern auch an der Auswahl der Verlage und Aussteller. Einen weiteren Fokus setzt man auf das Thema Bildung. Unter dem Slogan „Lernen. Lehren. Leipzig“ werden auf der Leipziger Buchmesse bildungsrelevante Themen diskutiert und Lehrmittel vorgestellt.
Preisverleihungen auf der Leipziger Buchmesse
Höhepunkt der Leipziger Buchmesse ist die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse, einem der renommiertesten Literaturpreise des Landes. 15 Autoren dürfen auf die Auszeichnung hoffen und stellen sich dafür sowohl einer Jury aus renommierten Literaturjournalisten als auch einem Online-Voting. Die Preisträger werden dann auf der Messe bekanntgegeben und ausgezeichnet. Nominiert werden Autoren bzw. Übersetzer in den Kategorien Belletristik, Sachbuch und Übersetzung. In der Kategorie Belletristik wurde 2014 Saša Stanišic für seinen großartigen ostdeutschen Dorfroman „Vor dem Fest“ ausgezeichnet. Preisträger in der Kategorie Sachbuch war Helmut Lethen für sein Werk "Der Schatten des Fotografen" und den Übersetzer-Preis erhielt Robin Detje für die Übersetzung von William T. Vollmanns „Europe Central“ aus dem Englischen.
Für den Preis der Leipziger Buchmesse 2015 waren nominiert:
Im Bereich Belletristik:
- „Zeiden, im Januar“ von Ursula Ackrill
- „Johnny und Jean“ von Teresa Präauer
- „Die Sprache der Vögel“ von Norbert Scheuer
- „Regentonnenvariationen“ von Jan Wagner
- „Das Lächeln der Alligatoren“ von Michael Wildenhain
Ausgezeichnet wurde Jan Wagner für seinen Gedichtband "Regentonnenvariationen". Damit ist Wagner der erste Lyriker, dem diese Ehre zuteil wurde.
Im Bereich Sachbuch:
- „Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte“ von Philipp Felsch
- "Mythos Redemacht. Eine andere Geschichte der Rhetorik" von Karl-Heinz Göttert
- "Kafka. Die frühen Jahre" von Reiner Stach
- "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa" von Philipp Ther
- "Der Souveränitätseffekt" von Joseph Vogl
Ausgezeichnet wurde Philip Ther für sein Sachbuch "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa".
Im Bereich Übersetzung:
- Klaus Binder
- Elisabeth Edl
- Moshe Kahn
- Mirjam Pressler
- Thomas Steinfeld
Ausgezeichnet wurde Mirjam Pressler für ihre Übersetzung von Amos Oz' "Judas" aus dem Hebräischen.
Neben dem großen Preis, der 2015 zum 11. Mal vergeben wurde, werden während der Messe auch der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung verliehen, der ebenfalls dem Ost-Europa-Schwerpunkt Rechnung trägt, und die Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis bekanntgegeben, der dann im Herbst in Frankfurt vergeben wird. Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2014 ging an Pankaj Mishra, was das Feuilleton der Welt für „eine Fehlentscheidung“ hielt. „Der indische Autor ist ein Anti-Europäer, er hält nichts von den Menschenrechten“ heißt es da. Die Jury des Preises jedoch meint: „Es ist der nicht-europäische Blick auf den Westen, der Pankraj Mishras aufklärendes Werk über die eigene Rolle in der heutigen Welt unentbehrlich macht.“ Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung wird an Autoren verliehen, die sich um die Verständigung in Europa verdient gemacht haben, wobei der Fokus auch hier wieder insbesondere auf Ostmitteleuropa liegt. Unter den Preisträgern seit 1994 waren unter anderem Péter Nádas, Aleksandar Tišma und 2013 Klaus-Michael Bogdal. Bogdal wurde für sein Buch „Europa erfindet die Zigeuner“ ausgezeichnet.
Comics und Kostüme auf der Leipziger Buchmesse
Weniger ernst geht es im Bereich Fantasy, Comics, Manga und Anime auf der Leipziger Buchmesse zu. Jedes Jahr treffen sich Anime-Fans aus ganz Deutschland in Leipzig, um die Neuheiten aus Japan zu bestaunen und in farbenprächtigen Kostümen für Aufsehen zu sorgen. Die Manga-Figuren sind inzwischen ein fester Bestandteil der Leipziger Buchmesse und sorgen auch bei den anderen Messe-Besuchern für Begeisterung. Im Bereich Japan@Con haben Manga- und Anime-Vereine und Vereine japanischer Kultur die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen und ihrem Hobby ungehindert zu frönen. Im eigens eingerichteten Anime-Kino sehen Sie die Neuheiten aus der Welt der japanischen Zeichentrickkultur, auf dem Schwarzen Sofa des Comicforums finden Interviews und Vorträge zum Thema statt und im Japanischen Teegarten finden Sie Ruhe und Entspannung vom Trubel auf der Messe, bevor Sie sich wieder ins Getümmel stürzen und sich ganz von der riesigen Welt der Bücher gefangen nehmen lassen.
2014 fand dann erstmals die Comic Convention auf der Leipziger Buchmesse statt. Die Manga-Comic Con schafft einen eigenen Kosmos für die Fans der japanischen Serien, in dem sie ihrer Fantasie und Vorstellungskraft freien Lauf lassen konnten. In der Folge waren auf der Leipziger Buchmesse 2014 noch mehr aufwendige, farbenprächtige Kostüme zu bestaunen als in all den vorangegangenen Jahren. Sie füllen die Buchmesse mit Leben und zeigen, dass es in der Bücherwelt auch jenseits von schwarzen Buchstaben auf weißem Papier viel zu entdecken gibt.
Die Leipziger Buchmesse 2014 zeichnete sich außerdem durch einen großen Schweiz-Schwerpunkt und durch die Diskussion rund um das neue Buch von Thilo Sarrazin aus. Das Gespräch auf dem „Blauen Sofa“ über sein neues Sachbuch „Der neue Tugendterror“ zog die meisten Interessenten an. Die Schweiz war als Gastland der Leipziger Buchmesse mit mehr als 80 Autoren, darunter Lukas Bärfuss, Adolf Muschg und Martin Suter, vertreten und zog am Ende der Messe eine sehr positive Bilanz. Außerdem durften Buchfans schon einmal beim Gastland der Frankfurter Buchmesse 2014, Finnland, reinschnuppern. All das gehört Jahr für Jahr zum besonderen Zauber der Leipziger Buchmesse.
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